Bio versus konventionell: Was macht den Unterschied?

Im ersten Teil dieser Reihe geht es um die Historie und Entwicklung der unterschiedlichen Anbaumethoden. Auch die Kennzeichnungen und Labels, mit denen Bio- und naturnahe Produkte im Supermarkt um des Konsumenten Gunst werben haben wir erklärt. Was ist anders an der Arbeit der Biowinzer im Vergleich zu ihren konventionellen Kollegen? Damit wir ruhigen und besseren Gewissens Bioweine genießen können, beschäftigen wir uns im zweiten Teil der Reihe mit den Anbaumethoden, die hinter den in Teil 1 beschriebenen Siegeln stecken.

Achtung:

Da nicht immer der Kostenfaktor entscheidend bei der Auswahl zwischen biologischen und konventionellen Produkten ist, sondern vielmehr auch die Gesinnung und Emotion der Konsumenten bei der Kaufentscheidung eine wesentliche Rolle spielt, folgt in diesem Teil schonungslose Aufklärung über:

  • Unterschiede und Vorzüge der verschiedenen Anbaumethoden
  • Motivation der Winzer
  • Begriffsklärung der Anbaumethoden

Unterschiede und Vorzüge der verschiedenen Anbaumethoden

Wenn wir über Bio-, bzw. ökologisch, biodynamisch oder integrierten Anbau reden, gilt es zunächst einmal zu klären, was heute darunter verstanden wird - eben der Frage aus der Überschrift nachzugehen: Was macht den Unterschied?.


In der folgenden Tabelle werden einige Unterschiede die Arbeit im Weinberg betreffend aufgeführt.

Bild Tabelle

Die Arbeit im Keller

Auch bei den Kellerarbeiten legen die Anbauverbände strengere Maßstäbe an. Manche verbieten die teilweise Konzentration durch Kälte oder die Entalkoholisierung. Die Klärung darf teilweise nur mit pflanzlichen Proteinen (z.B. Weizen oder Erbsen) oder Bentonit durchgeführt werden, während im biodynamischen Weinbau durchaus auch Eier aus biodynamischem Anbau gestattet sind.
Während die bei der Arbeit im Weinberg angewendeten Mittel noch vergleichsweise überschaubar und verständlich sind, wird es im Keller bei der Vinifizierung von Trauben zum Genussmittel Wein sehr komplex. „Enthält Sulfite“ oder anders ausgedrückt den Inhaltstoff E 220, ist die einzige Information, die bis jetzt über Zusatzstoffe im Wein für den Verbraucher ersichtlich ist. Das soll sich zum Jahresende 2023 ändern. Ab 08. Dezember 2023 müssen Zusatzstoffe, Nährwerte und Allergene auf dem Etikett der Weinflasche entweder in Tabellenform oder QR-Code ausgewiesen werden. Doch auch damit wird nicht komplett ersichtlich werden, welche der über 50 zugelassenen Verarbeitungshilfsmittel bei der Weinbereitung verwendet wurden.

Quelle DLR Neustadt: Ob mit Jahrgang 2023 oder 2024: Jeder Erzeuger hat die Wahl, die Angaben direkt am Etikett aufzulisten oder sie mit einem QR-Code online zur Verfügung zu stellen. Davon ausgenommen sind nur die Angaben des Nährwerts in Kilokalorien und Kilojoule sowie der Allergenen Stoffe. Beide müssen direkt auf dem Etikett zu lesen sein. Zu dem Wust an Verordnungen und Richtlinien kommt noch hinzu, dass einige Anwendungen innerhalb der EU national unterschiedlich entschieden werden.

Die Motivation der Winzer:

Mehr Arbeit, weniger Ertrag - was veranlasst Winzer biologischen Weinbau zu betreiben?

Winzer, die biologisch oder biodynamisch arbeiten, dürfen nur biologische Hilfsmittel im Weinberg und Keller verwenden. Da Leguminosen (im Weinbau z. B. Kleearten, Luzerne, Lupinen und Wicken) den Boden mit Stickstoff anreichern, ist im Bio-Weinbau Begrünung zwischen den Rebzeilen obligatorisch.
Während die im konventionell bearbeiteten Weinberg eingesetzten Mittel systemisch wirken, also in das System der Pflanze eindringen, unterstützen und schützen z.B. Schwefel und Kupfer den Rebstock und die Trauben rein äußerlich. Tees und Präparate, so wie die biologischen Pflanzenschutzmittel wirken vorbeugend nicht kurativ. Die Pflanzenabwehr gegen Schädlinge wird gestärkt, der Rebstock wird resistenter gegen Einflüsse von außen. Das macht sich auch bei den klimabedingten Wetterkapriolen der letzten Jahre bemerkbar. Die Pflanzen kommen besser mit dem Trockenstress zurecht.
Die Erträge sind ohne chemische Düngemittel zwar erst einmal geringer, aber über die Jahre betrachtet konstanter.

Illustration Winzerin mit Enkel Warum Bio besser ist:
Weinbaubetriebe sind häufig Familienbetriebe, die generationsübergreifend denken und planen. Ein wesentliches Argument ist die Weitergabe der Weinberge an die Kinder. Das Erbe soll die Lebensgrundlage der nächsten Generation sichern. Rebstöcke sind wahre Zeitzeugen und können, je nach Sorte, älter als ein Arbeitsleben werden. Deswegen wird nach Möglichkeit kein Raubbau an der Natur betrieben. Weinbau ist eine Monokultur und benötigt als solche ausreichend Nährstoffe. Die obersten 30-40 cm des Bodens dienen der Versorgung der Pflanzen. Bio baut Humus auf und fixiert dadurch CO2 und erhöht die Wasserhaltekapazität.

Erklärung der Begriffe von konventionell bis biodynamisch:

 

Begriffsklärung

Was bedeutet konventionell überhaupt? Der Begriff „konventionell“ in Bezug auf landwirtschaftliche Anbaumethode entstand erst als Gegensatz zu den biologischen Wirtschaftsweisen.
Hier eine kurze Erläuterung der gängigen Begriffe:


Konventioneller Weinbau:

Im konventionellen Weinbau ist die Verwendung von chemischen Pestiziden und Herbiziden sowie mineralische Düngemittel erlaubt. Sinn und Zweck ist ein auf Effizienz und Wirtschaftlichkeit ausgerichteter Weinbau. Der Einsatz von Maschinen im Weinberg und Keller ist vorrangige Bearbeitungsmethode. Die Richtlinien für den konventionellen Weinbau sind in der EU-Weinmarktordnung und ihren ergänzenden Vorschriften, dem deutschen Weingesetz und der deutschen Weinverordnung sowie der Internationalen Organisation für Rebe und Wein (OIV) festgelegt.

Integrierter Weinbau:

Wie es das Bundesinformationszentrum Landwirtschaft erklärt ist „Die integrierte Landwirtschaft beziehungsweise der integrierte Gartenbau einzuordnen zwischen der rein konventionellen Landwirtschaft, die hauptsächlich auf Produktivität ausgerichtet ist, und der ökologischen Landwirtschaft.“ Umweltverträgliche Methoden werden angewendet, ohne unabhängige Kontrollen und ohne die Beschränkungen der ökologischen Anbauweise übernehmen zu müssen. Mit anderen Worten ein integrierter Pflanzenschutz ergreift nur zweckgebundene Maßnahmen. Einsatz von Pesti- und Herbiziden nur, wenn von einem wirtschaftlichen Schaden auszugehen ist.

Kontrollierter Anbau:

Ähnlich wie integrierter Anbau keinerlei Reglement unterworfen. Keine unabhängigen Kontrollen, nur der vom Hersteller beworbene Pflanzenschutz. Irreführende Formulierung mit Bezug auf kontrolliertem biologischem Anbau. Regionaler Anbau: Es gibt keine Regelung für Regional, bzw. keine Festlegung was eine Region genau ist. Es kann ein Kreis sein, ein Bundesland oder ganz Deutschland umfassen. Der Firmensitz des Herstellers oder eine Rezeptur werden auch als regional bezeichnet.

Naturnaher Weinbau:

Weinbau mit Rücksicht auf Land und Leute ausgerichtet, allerdings keinerlei Richtlinien unterworfen. Ziel ist es so nah wie möglich die Natur zu imitieren und trotzdem genug Ertrag zu erwirtschaften. (Mischkultur, Hecken, Bäume, Wildpflanzen zu integrieren). Verschiedene Vereinigungen wie z. B. Terra Vitis in Frankreich arbeiten naturnah. Wichtig sind soziale und auch regionale Aspekte zum Erhalt der Typizität der Landschaft.

Biologischer/ökologischer Anbau:

Hierzu sagt das Bundesinformationszentrum: „Die Begriffe "bio", "öko", "biologisch" oder "ökologisch" sind gesetzlich geschützt. Dabei wird kein Unterschied zwischen "biologisch" und "ökologisch" gemacht. Das heißt, alle Produkte, auf denen mit diesen Begriffen geworben wird - also auch die Bezeichnung "aus ökologischem Anbau" - stammen garantiert aus ökologischer/biologischer Landwirtschaft.“ Orientiert man sich mehr an der Herkunft der Worte, so bedeutet „bios“ Leben und die „Biologie“ ist die Wissenschaft der Lebewesen. „Oikos“, bzw. Ökologie, die Lehre vom Haushalt, beschäftigt sich als Teilgebiet der Biologie mit der Beziehung der Lebewesen zu ihrer Umwelt. So geht mit dem schützenden Umgang der Lebewesen auch ein schonender Umgang mit der Umwelt untrennbar einher. Wesentlicher Punkt sind die Kontrollen: Zertifizierte Biobetriebe werden jährlich in Weinberg und Keller geprüft.


Biodynamischer Weinbau:
Illustratio Hornmist Mondphasen

Obwohl sich die biologisch-dynamische Landwirtschaft bereits nach Rudolf Steiners 1924 gehaltenen Vorträgen zur Veränderung der Anbaumethoden entwickelte, wurde der Begriff erst 1980 in den Duden aufgenommen ; ). Die Bewirtschaftung ist sehr ähnlich dem biologischen Anbau. Es ergänzt sich noch um eine etwas andere spirituelle Betrachtung des gesamten Kosmos in Wechselwirkung zu Boden und Lebewesen aller Arten.
Die Herstellung des eigenen Komposts für Vitalität und Dauerwachstum der Rebe und das Ausbringen der Präparate wie Hornmist und Tees im Weinberg sind der hauptsächliche Unterschied zur biologischen Wirtschaftsweise.
Es ist die strengste Form aller Anbaumethoden mit sehr strengen Kontrollen im Weinberg und Keller.

Zur Erklärung:
Hornmist, ist Kuhmist, der in Kuhhörner gefüllt wird und über einen entsprechenden Zeitraum vergraben in der Erde ausreift. Im Frühjahr wird er dann zur Stärkung des Wurzelwachstums in den Weinbergen verteilt. Die Hörner sollten kurz vor Vollmond ausgebracht werden, um die Strahlkraft aus der Erde Richtung Kosmos zu nutzen. Vor dem Ausbringen wird der ausgegrabene Mist im Wasser dynamisiert. Zur Arbeitserleichterung kann der Hornmist schon fertig vorbereitet gekauft werden. Hornkiesel: Steht in Polarität zum Hornmist. Zusammen fördern die Präparate das Wurzelwachstum und fördern das aktive Bodenleben zur Stärkung der Pflanzen.

 

Bio oder konventionell?

Vielleicht stellt sich irgendwann diese Frage gar nicht mehr und im Sinne eines ökologischen Großen und Ganzen entwickelt sich der Weinbau auch als Erhalt des Kulturerbes weltweit hin zum „bios“, zum lebendigen Anbau generell. In Zeiten von KI wird auch im konventionellen Anbau nicht immer per se der ganze Weinberg mit Herbi- oder Fungiziden gespritzt. Vielleicht ist ja das Ökologisch von heute das Konventionell von morgen. Was wir bis jetzt noch nicht beleuchtet haben: Schmeckt Biowein besser? Das ist der Titel des dritten und letzten Teils dieser Reihe. Immerhin ist Wein ein Genussmittel und da ist die Frage des Geschmacks schon eine ganz wesentliche.

Anke Kürschner

 



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