Schmeckt Biowein besser?

Im ersten und zweiten Teil haben wir das Thema Biowein sehr sachlich behandelt. Jetzt geht es endlich um die Emotionen, das Image von Biowein und das geschmackliche Resultat von all dem Aufwand im Weinberg und Keller.

Illustration Wissenschaftlerin

Über Geschmack lässt sich ja bekanntlich streiten. Es gibt wenig fundierte Ergebnisse, die sich in dieser Geschmacksfrage heranziehen lassen. An der University of California hat Professorin Magali Delmas vom Institute of the Environment and Sustainability zusammen mit Olivier Gergaud, Professor of Economics an der KEDGE Business School in Bordeaux, den Versuch gestartet diese Frage mit einer wissenschaftlichen Studie zu beantworten.

Die im Jahr 2016 veröffentlichte Studie, bei der 74.000 kalifornische Weine von amerikanischen Fachleuten (Robert Parker, Wine Enthusiast, Wine Spectator) verkostet wurden zeigte schon eindeutige Präferenzen für die biologischen Weine. Bei der daran anknüpfenden Studie fünf Jahre später im Jahr 2021 mit 128.000 französischen Weinen wurde folgendes Ergebnis von einer französischen Fachjury (Gault Millau, Gilbert Gaillard, Bettane Desseauve) erneut bestätigt:

Biologische und biodynamische Weine wurden deutlich besser bewertet als konventionelle Weine. Spannend daran ist, dass das gute Urteil auch auf Weine zutraf, die wohl ökologisch produziert wurden, aber nicht als solche vom Winzer gekennzeichnet waren. Biodynaimsche Weine mundeten den geübten Zungen noch besser als die biologischen.

Die Krux mit dem Image

gestern…
Die „normalen“ Weinkonsumenten, sprich die nicht Weinfachleute waren anscheinend lange nicht reif für Bio-Weine. Weine aus ökologischem Anbau litten unter dem Image nicht zu schmecken und minderwertig zu sein. Deswegen „verheimlichten“ viele Winzer auf dem Etikett ihre Anbaumethoden. Auf den Flaschen fehlten über Jahrzehnte jegliche Hinweise auf eine biologische oder biodynamische Anbaumethode, um nicht als esoterisch oder öko abgestempelt zu werden.
und heute.
Das ändert sich deutlich. Auf den Webseiten der Weingüter wird Nachhaltigkeit und die Art und Weise der Anbaumethoden ausführlich dargestellt. Ganze Weinbauregionen wie z. b. Bordeaux oder die Champagne stecken ökologische Ziele hoch und höher bei kurzen Zeitspannen für deren Umsetzung, um der bewirtschafteten Landschaft einen ökologischen Anstrich zu geben. Was Jahre lang versäumt wurde, soll jetzt umso schneller realisiert werden, da der Klimawandel und dessen Auswirkungen auf die Weinberge und deren Ernten spürbar wird.



Foto Versuchfläche INBIODYN

INBIODYN

Um Vorurteilen sowohl von Winzern als auch Verbrauchern sachlich begegnen zu können startete die Hochschule in Geisenheim einen systemvergleichenden Langzeitversuch. Im Jahr 2006 startete das bis heute fortgeführte Forschungsprojekt INBIODYN auf dem Campus in Geisenheim. Weinreben sollten dem Winzer in der Regel mindestens 25 Jahre im Weinberg Ertrag und Einkommen bescheren. Deswegen ist die langjährige Beobachtung mit den daraus resultierenden wissenschaftlichen Ergebnissen wesentlich für die Praxis der Winzer im Weinberg und die Entscheidung für eine Anbaumethode. Der von Dr. Johanna Döring, Prof. Dr. Randolf Kauer und Dr. Georg Meissner initiierte weltweit einzigartigen Versuch hilft die Skepsis und Gräben zu überwinden, die zwischen den Verfechtern der verschiedenen Anbaumethoden herrschen.

Der Versuch:
INBIODYN steht für die im Vergleich getesteten Anbaumethoden integriert, biologisch und biodynamisch. Die Bearbeitung einheitlicher Riesling Klone im Weinberg differiert, aber der Ausbau im Keller findet unter exakt gleichen Bedingungen statt. Alle Trauben wurden am gleichen Tag gelesen und mit den gleichen neutralen Reinzuchthefen vergoren.

Das Geschmacksergebnis:
Säuregehalt, Alkohol und PH-Wert der Weine sind sehr ähnlich. Wohl unterscheiden sich die Phenolstrukturen der Beeren. Zusammenfassend lässt sich berichten, dass es zwar einzelne Präferenzen in den verschiedenen Jahrgängen bei den Blindverkostungen gab, aber wenig statistisch signifikante Ergebnisse, was den Geschmack betrifft, sich über die Jahre abzeichneten.


Weitere Ergebnisse und aktuelle Versuche
Was sich nachweislich ändert bei einer biologischen und biodynamischen Wirtschaftsweise ist die deutlich höhere Biodiversität im Weinberg. Weitere Ergebnisse über Ertrag, Trauben -und Mostqualität, sowie Trockenstresstoleranz, Nachhaltigkeit und Effekte der Bewirtschaftung des Jungfeldes bei Anwendung der verschiedenen Systeme zu erlangen sind Fokus des in 2022 neu angelegten Versuches INBIODYN 2.0 mit der Rebsorte Cabernet Franc.
Ganz aktuell wird auch die Umstellung von integrierter auf ökologische Bewirtschaftung in Betrieben im Rheingau begleitet. Wie wirkt sich solch eine Umstellung auf Klima, Biodiversität, Gewässerschutz, Bodenfruchtbarkeit sowie Ressourceneffizienz aus? (Da schließt sich dann direkt der Terroir-Gedanke an. Aber das ist ein Thema für sich https://www.wein-konzept.de/terroir-wein-was-es-bedeutet.html) Hier schließt sich der Kreis zu den ersten beiden Teilen über die Entstehung und die Erklärung der verschiedenen Anbaumethoden. Von den praxisnahen, aktuellen Forschungsergebnissen profitieren die Winzer und ändert sich auch letztendlich die Erwartungshaltung von Verbrauchern. Der Mehraufwand im Weinberg sollte es Ihnen immerhin wert und der Wein lecker sein.

Foto Versuchfläche INBIODYN 2.0
Foto Versuchfläche INBIODYN 2.0 mobile
Illustration Biowein Tasting Am Ende doch reine Glaubenssache?
Die Forschungsergebnisse aus Geisenheim und Kalifornien, bzw. Bordeaux differieren, was die Aussage bezüglich des Geschmacks anbelangt. Ist es gar am Ende ein Placebo-Effekt? Für die einen schmecken Bio-Weine deutlich besser, einfach aus dem Grund, dass sie eine positive Auswirkung auf die Mutter Erde und unser Klima haben. Für die anderen schmecken Bio-Weine überhaupt nicht, einfach weil sie anders, ungewohnt und eben „bio“ schmecken. Könnten wir, Sie und ich, in einer Blindverkostung heute einen Unterschied zwischen Bio und nicht Bio tatsächlich schmecken?

Achtung Meinungsmache!
Was als „geschmacksregulierende Zusätze“ bezeichnet wird, die im konventionellen Weinkeller verwendet würden, um einem breiten Massengeschmack gerechte Weine herzustellen, bleibt zu hinterfragen. Über die letzten Jahrzehnte hinweg hat sich der Weingeschmack der Konsumenten deutlich verändert. Auch Wein unterliegt Moden und Trends. Ist Bio gerade mehr salonfähig und schmeckt einem breiteren Publikum besser als vor 20 Jahren? Hersteller sollten es auf alle Fälle nicht nötig haben, ihre eigene Qualität durch Diffamieren anderer herauszustellen, egal aus welchem Lager sie kommen. Da sind Versuche wie INBIODYN, die Annäherung und Erkenntnisse schaffen, sehr wertvoll!



Wichtig und richtig ist:
Es bleibt eine persönliche Geschmackssache, ob der Wein nun lecker schmeckt, weil er einfach sauber und gut gemacht ist, oder zusätzlich ökologisch an- und ausgebaut wurde. Es geht nicht um schwarz-weiß (vielmehr rot-weiß ; ) Malerei sondern um die vielen Töne dazwischen. Für einige Winzer ist Nachhaltigkeit das Gebot der Zeit, für andere die Biodynamie. Weine sollten ein purer, reueloser Genuss sein - mit und ohne Bio-Zertifizierung auf dem Etikett.

Anke Kürschner

 



Alle Bioweine bei Wein-Konzept