Nachgefragt beim Weingut Doktor Heyden
Etwa in der Mitte zwischen Mainz und Worms direkt am Rhein gelegen, kann die vom Weinanbau geprägte Stadt Oppenheim auf eine bewegte Geschichte zurückschauen. Die Entstehung des Weingutes Dr. Heyden hat ihre sehr eigene, sehr umtriebige und etwas untypische Weingutsgeschichte. Die möchte ich gerne von Frank Heyden hier erzählen lassen und mehr zu seinen Weinen und Ideen erfahren.
In Oppenheim wurde schon vor 125 Jahren von Ernst Ludwig, Großherzog von Hessen und bei Rhein die Wein- und Obstbauschule und fünf Jahre später die Weinbaudomäne Oppenheim gegründet. Ziel war schon damals, die Qualitätssteigerung im Weinbau voranzutreiben. „Da geht noch etwas“, meint Frank Heyden sehr motiviert heute. „In Rheinhessen hat sich schon viel verändert, aber da ist immer noch Platz nach oben.“ Dass er zu den Winzern gehört, die voller Elan natur- und qualitätsbewussten Weinbau vorantreiben, wird im Gespräch mit ihm und beim Verkosten seiner Weine schnell deutlich.
Zur persönlichen und der Entstehungsgeschichte des Weingutes direkt zwei Fragen auf einmal: Warum sind Sie Winzer geworden? Wieso heißt das Weingut Doktor Heyden?
Frank Heyden: "Der Doktortitel stammt von meinem Vater, der als Jurist, Anwalt und Betriebswirt tätig war. Ich bin ein Sohn weinbegeisterter Eltern, die Ferienreisen nach Frankreich und Italien in bekannte Weinanbaugebiete wie das Piemont, Bordeaux, Burgund oder die Champagne unternahmen. In der Regel saß ich auf dem Heimweg in meinem Kindersitz, umgeben von Weinkisten und die Füße auf Weinkartons gebettet. Wein ist ein Thema, dass in unserer Familie, z. B. bei Familienfesten, immer eine große Rolle spielte – wenn auch nicht von Berufs wegen. Da bin ich, wenn man so will, ein „halber Quereinsteiger“.
Allerdings hatte mein Onkel hier im Ort ein Weingut. Seine zwei Söhne hatten kein Interesse, das Weingut eines Tages zu übernehmen. Seit meinem sechsten Lebensjahr habe ich mir dort bei der Weinlese immer mein Taschengeld während der Schulzeit aufgebessert. In dem Abiturjahr hatte ich dann wg. der Prüfungen nicht die Zeit dazu. Das hat mir richtig viel ausgemacht! Zum Trost hat mein Onkel mir dann vier Reihen Riesling hängen lassen, damit ich sie nach dem Abitur später noch lesen könne. Die Trauben der vier Reihen „Spätlese“ habe ich im (Konkurrenz-)Nachbarort Nierstein gepresst und dann in Onkels Keller mit dem Most rumexperimentiert. Mit Hilfe von Freunden, die bei Mac Donalds jobbten, habe ich jede Menge Eiswürfel besorgt. Aus mit Eiswürfeln gefüllten Jutesäcken habe ich eine Art Gärkühlung über dem Tank eingerichtet. Als der Wein dann fertig war, haben mein Onkel, mein Vater und ich alle Weine des Jahrgangs im Keller probiert – und mein Experiment war ein voller Erfolg! Es war der beste Wein im Keller! Mein Erstlingswerk wurde vom Onkel mit vertrieben und hat es dann auf Anhieb in den Bayer Weinkeller geschafft! Ich war mächtig stolz! Der Berufswunsch war sonnenklar und nun sollte es so schnell wie möglich gehen. Erst einmal musste noch der Zivildienst im diakonischen Bereich der Pfarrkirche für „Winzer und Winzerinnen in Not“ absolviert werden, bevor ich dann mit dem Studium Weinbau und Oenologie in Geisenheim beginnen konnte. In der Zeit schon haben meine Eltern für mich das Weingut von Herrn Baumann, der einen engagierten Nachfolger suchte, gekauft und es 1999 in Doktor Heyden umbenannt. Mein Vater hat meine Passion mit dieser finanziellen Starthilfe und seiner Tatkraft sehr unterstützt. Wenn Not am Mann war, hat er mitgeholfen und z. B. die Tanks geschrubbt.
2004 war ich mit meinem Studium in Geisenheim fertig und im Jahr 2005 habe ich ergänzend das Weingut meines Onkels, Dönenberg und Heyden, übernommen. Ich habe meinem Vater sehr viel zu verdanken und deswegen ist das Weingut nach ihm benannt."
Das Wappen auf dem Schraubdeckel, der die Startseite Ihres online-Auftritts ziert, ist das ein Familienwappen?
Frank Heyden: "Ja, ist es – nur in etwas aktualisierter Form. Das Wappen meiner Vorfahren schmückten Tannenbäume auf der rechten Seite neben dem Hirsch. Die Linien unten symbolisieren das Oberbergische, wo mein Urururgroßvater herstammt. Er kam damals als Obst- und Weinbauinspektor hier zur staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt nach Oppenheim. Ich habe das Wappen an die hiesigen Gegebenheiten angepasst. Der Strich im obersten Hügel steht für eine Rebzeile und anstelle der Tannen wächst nun eine Rebe neben dem Hirsch."
Was bereitet Ihnen die meiste Freude bei der Arbeit mit Wein?
Frank Heyden: "Mir macht die Probe sehr viel Freude. Wenn ich im Keller den Wein probiere, mich erinnere welche Entwicklung die Rebstöcke in dem Jahr gemacht haben, die Lage geschmacklich zum Ausdruck kommt, dann teile ich diese Freude auch gerne mit anderen Menschen. Es ist ein echtes Privileg meine Passion den Leuten vorstellen zu dürfen. Bei Weinproben dann positives Feedback zu bekommen, ist eine schöne Bestätigung! Ich möchte Weine machen, die zeigen, woher sie kommen. Wenn die Leute schmecken können, dass der Riesling aus Oppenheim anders schmeckt als Riesling von der Mosel oder von der Nahe und glücklich sind, dann bin ich es auch."
Wie groß ist Ihr Betrieb?
Frank Heyden: "Der Betrieb ist 15 Hektar groß."
Werden die Weinberge von Hand oder maschinell bearbeitet?
Frank Heyden: "Wir sind ein Ausbildungsbetrieb und so arbeiten wir sowohl maschinell als auch von Hand. Aber nun einmal die Arbeitsschritte der Reihe nach:
Wir arbeiten viel von Hand, angefangen mit dem Rebschnitt, das Reben rausziehen, die Drähte spannen und auszubessern, die Reben nachpflanzen, das Ausbrechen, Doppeltriebe bei den Burgundersorten wegbrechen, das Heften der Drähte in 3-5 Durchgängen je Weinberg, Geiztrauben entfernen, Trauben halbieren und dann auch die Vorlese mit 3-8 Personen (je nach Corona-Beschränkungen).
Die Entblätterung wird erst maschinell durchgeführt und im Anschluss von Hand wiederholt."
Bei so viel Handarbeit, wie viele Mitarbeiter sind auf dem Weingut beschäftigt und wie ist die Arbeitsaufteilung?
Frank Heyden: "Wir haben ein tolles Team, denn ohne ein gutes Team funktioniert das Weingut nicht. Mitarbeiter der ersten Stunde ist Manuel Tiago Varela. Er kümmert sich um die Weinberge und hilft im Keller. Ein weiterer ganzjährig Festangestellter, Andrzej Narloch, ist für die Arbeit im Weinberg zuständig und phasenweise hier und dann wieder zuhause in Polen. Meine tolle Frau, die neben ihrem Job in der Apotheke im Büro mithilft und dort Frau Podlak, die seit einem Jahr als Bürokraft bei uns ist, zur Seite steht. Siggi Sattler hilft auf dem Hof und fährt Weine aus und natürlich noch ein weiteres wichtiges Teammitglied ist unser Auszubildender Felix. Die Lesemannschaft besteht aus 4-8 Leuten. Auch unser Freund, Herr Glaßer, von dem wir 2010 weitere Weinberge erhalten haben, hilft uns im hohen Alter bei Weinbergsrundfahrten und im Feld. Ich habe nach der Weinbaudomäne Oppenheim tatsächlich die größte Handmannschaft hier im Ort."
Auf Ihrer Webseite steht in großen Lettern „Im Einklang mit der Natur“. Was bedeuten nachhaltige und umweltschonende Anbaukriterien?
Frank Heyden: "Mein Onkel hat jahrelang zertifiziert umweltschonenden Weinbau betrieben. Ich arbeite aus vielerlei Gründen ohne Zertifizierung, aber deswegen nicht weniger umweltschonend oder naturnah.
Wir arbeiten mechanisch im Weinberg gegen das Unkraut, anstelle Glyphosat zu spritzen. Wir verwenden den eigenen Kompost und Rindenmulch, anstatt Mineraldünger auszubringen und säen seit über einem Jahrzehnt Saatenmischung als Begrünung und zur Förderung der Biodiversität zwischen den Rebzeilen aus. Arbeiten mit der Natur ist nicht jedes Jahr gleich. Da möchte ich mich nicht von Vorschriften einengen lassen, die z. B. bestimmen, dass keine Bodenbearbeitung vor dem 15. April stattfinden darf. Dann ist der Boden ggf. so trocken, dass die Bearbeitung schwierig und aufwendig ist.
In Geisenheim wurde in Studien nachgewiesen, dass die bis 2013 als Pflanzenstärkungsmittel erlaubte systemisch wirkende Phosphonsäure ökotoxikologisch unbedenklich ist. Sie wirkt im frühen Wachstumsstadium u. a. gut gegen Falschen Mehltau und reduziert somit die ggf. notwendige Ausbringung von Kupfer (das sich in der Erde anreichert). Seit 2013 ist EU weit die Anwendung von Phosphonsäure im Biologischen Anbau verboten, da es seitdem als Pflanzenschutzmittel kategorisiert wird. Über Sinn und Unsinn der Bestimmungen zu diskutieren ist müßig. Es gibt da viele weitere Beispiele für Vorschriften im Bio-Anbau, wie dass nur zertifizierter Kompost oder Saatenmischungen zur Begrünung ausgebracht werden dürfen. Ich produziere jährlich 500 bis 800 Tonnen eigenen wertvollen Kompost. Der ist nicht zertifiziert, aber vollkommen biologisch. Ich möchte mich einfach nicht den Zwängen unterwerfen müssen."
Was gibt den Ausschlag für die Reife? Wie sollten die Trauben im besten Fall sein.
Frank Heyden: "Die Trauben sollen reif sein. Das bedeutet, die Trauben müssen sehr gut schmecken, die Kerne müssen passen und die physiologische Reife muss auf jeden Fall gegeben sein. Wir machen eine Vorlese für unseren Sekt und die leichteren Weine. Den Grauburgunder lesen wir vor dem Riesling, damit Mostgewicht und Alkohol nicht zu hoch geraten. Mit dem Riesling ist es zielführend, länger zu warten und ihn etwas später zu lesen."
Beim Thema hoher Alkoholgehalt stellt sich direkt die nächste Frage: Hat der Klimawandel Einfluss auf den Lesezeitpunkt?
Frank Heyden: "Generell lesen wir heute ca. 10 Tage früher als vor Jahren. Wir reagieren mit verschiedenen Methoden auf die Veränderungen. Um noch mal auf den Grauburgunder zurückzukommen. Der wuchs früher in den Lagen Sackträger und Kreuz. Heute habe ich ihn in den kühleren, höher liegenden Parzellen Herrengarten und Schloss angepflanzt, damit er später reif wird. In den letzten beiden sehr heißen Jahrgängen fingen wir morgens früher mit der Lese an und hörten spätestens um 12 Uhr mittags auf. Das Lesegut wurde direkt in die extra dafür angeschafften Kühlanhänger gelagert."
Ihre Rebsortenauswahl ist recht vielfältig und auch typisch für die Region. Gibt es in Bezug auf den Klimawandel schon Veränderung bei der Auswahl der Rebsorten für Neuanpflanzungen?
Frank Heyden: "Als ich die Weinberge übernommen habe, waren es noch einige Sorten mehr, wie Ortega, Osiris, Huxelrebe, Rieslaner und Nobling, die ich nach und nach mit für Standort und Klima geeigneten Burgunderrebsorten und Riesling ersetzt habe. Von dem früh reifenden Frühburgunder habe ich mich schweren Herzens getrennt. Stattdessen habe ich auf dem Standort mit sehr hohem Kalkanteil die französische kleinbeerige Chardonnay Variante „Bourgogne fin“ neu angepflanzt. Da sind die ersten Trauben schon in der Cuvée Weißburgunder/Chardonnay eingearbeitet. Auf einer gut vorbereiteten Erdauflage habe ich im Oppenheimer Kreuz zwei andere Riesling-Sorten separat neu gepflanzt, eine von der Saar und eine aus dem Elsass.
Sorten wie Kerner liefern nach wie vor prima leichte Sommerweine, auch als Cuvée mit Scheurebe und Riesling. Ich möchte für junge Leute unkomplizierte Einstiegsweine anbieten. Auch liebliche Weine haben immer noch ihre Liebhaber und sind gefragt."
Was bedeutet „Alte Reben“ bei Ihrem Silvaner Ortswein und Riesling Lagenwein? Wie alt sind die Reben?
Frank Heyden: "Die Silvaner Reben wurden 1978 gepflanzt, sind also heute über 40 Jahre alt. Die Riesling Anlage von 1972 ist tatsächlich die älteste Riesling Anpflanzung in Oppenheim und nun fast 50 Jahre alt.
In Bezug auf den Klimawandel ist ein weiterer Aspekt die Pflanzdichte in den alten Rebanlagen. Die Rebstöcke wurden früher dichter und die Rebzeilen enger gepflanzt. Das hat heute den Vorteil, dass sie sich gegenseitig deutlich mehr beschatten, vor allem in der Traubenzone, und den Boden so vor Austrocknung schützen."
Weinbereitung:
Wie vergären die Weine in Ihrem Keller: spontan oder mit Reinzuchthefen?
Frank Heyden: "Ich arbeite sowohl mit Reinzuchthefen als auch mit Spontanvergärung. Das kommt ganz auf die Säure und den PH-Wert an. Beim Grauburgunder ist die Säure in der Regel niedriger, da arbeite ich mit Reinzuchthefen um durchgegorene, trockene, fehlerfreie Weine zu bekommen. Alle Gutsweine gären mit Reinzuchthefen durch. Die Ortsweine gären alle spontan an und werden dann je nachdem mit Reinzuchthefen überimpft. Riesling bringt mehr Säure mit, da ist Spontanvergärung ein großes Thema! Der Riesling „Alte Reben“ Lagenwein ist spontan durchgegoren. Ein Teil davon lagert 36 Monate im großen Holzfass und der andere im Edelstahltank. Ich habe das Glück, dass ich einen alten Holzfasskeller übernommen habe, den ich mit neuen Barriques ergänzt habe."
Wir sprachen gerade über nachhaltigen Weinbau und Pflanzenschutzmittel. Verwenden Sie Schwefel im Weinberg und kommt er auch im Keller zum Einsatz?
Frank Heyden: "Ja, beides. Wir benutzen ihn im Weinberg und auch bei der Verarbeitung im Keller. Schwefel ist das älteste Weinkonservierungsmittel der Welt. Wir verwenden es allerdings in homöopathischen Dosen. Wir haben viele unterschiedliche Tankgrößen im Keller, so ist es uns möglich, die Weine immer spundvoll zu halten und auf diesem Wege vor Oxidation zu schützen. Dadurch benötigen wir viel weniger Schwefel, um Oxidation zu vermeiden."
In Ihrem Portefolio habe ich „Arnold, bis zur Abfüllung ohne Schwefel auf der Vollhefe gelagert“ gesehen. Was hat es mit dem „Natural Wine für Durchtrainierte“ auf sich?
Frank Heyden: "In der Lage Sackträger befindet sich unser ältester Chardonnay Weinberg. Die sehr kleinen, reifen Beeren wurden mit der Handmühle gepresst und 48 Stunden stehen gelassen. Den sedimentierten Most haben wir dann 14 Monate auf der Vollhefe im Stückfass reifen lassen – nicht geschwefelt. Nur vor der Füllung ist er etwas geschwefelt worden.
Weiterhin habe ich aus ganz dunklen Grauburgunderbeeren einen „Orange Wine“ mit dem Namen „Sunset“ gemacht. Ich tue mich schwer mit dem Begriff „Orange Wine“, da sich da eine Vielzahl unterschiedlichster Weine (u.a. mit Weinfehlern) hinter dem Begriff verbirgt. Der Grauburgunder hat nach 14 Tagen Maischestandzeit und anschließender Lagerung im Barriquefass die satte, warm-flammende Farbe eines Sonnenuntergangs. Er ist rund im Geschmack mit angenehmen „nur“ 12,5 % Vol. Alkohol durch die lange Maischegärung."
Sie produzieren keinen „Orange Wine“ oder „Natural Wine“, weil es gerade Mode ist, sondern es ist eine „Idee“, die Sie aufgreifen, wenn die Beeren das Potenzial mitbringen?
Frank Heyden: "Genau. Das ist eine Option. Ich möchte mich und den Geschmack weiterentwickeln. Herausfinden, was möglich ist und Ideen realisieren - das ist wichtig! So Weine wie „Arnold“ oder der „Sunset“, das sind auf alle Fälle erklärungsbedürftige Weine. Sie sind eine Entwicklung in Geschmack und Potential."
Die Geschichte hinter dem "Arnold"
„Zwei temperamentvolle Weine für starke Typen und alle, die es werden wollen.“ So lautet der Slogan zu den beiden natürlichen Weinen. Mit zwinkerndem Auge ist die Namensgebung „Arnold“ als Parodie gedacht. Die Darstellung des Turners trägt den Namen eines Kraftprotzes (Anspielung auf Arnold Schwarzenegger). Im Gegensatz zu dem auf Kraftpakete abzielenden Namen, ist der Wein mit viel Bedacht und Zeit zu seinem „kräftigen” Körper gelangt.
Anstelle sich mit Lagennamen zu schmücken (Oppenheimer Sackträger), trägt der als Landwein - bzw. Qualitätswein - klassifizierte Natural Wine nur ein witziges Etikett.
Hier finden Sie unsere Arnold-Weine von Doktor Heyden.
Wie handhaben Sie es mit der Filtration? Werden Ihre Weine filtriert?
Frank Heyden: "Die normalen Weine werden mit Kieselgur filtriert. Die natural Weine werden natürlich gar nicht filtriert."
Persönliches:
Was ist Ihre Philosophie?
Frank Heyden: "Ich möchte Weine machen, deren Oppenheimer Herkunft man schmecken kann. Mit meinen Weinen möchte ich Lebensfreude schenken. Die Linie des Weingutes soll in einer durchgängigen Handschrift erkennbar sein. Durch nachhaltiges Wirtschaften möchte ich der nächsten Generation auch noch den Spaß mit meinen Weinbergen erhalten und die beste Qualität der Trauben erreichen. Das setzt voraus, dass nicht nur der Umgang im Weinberg nachhaltig geplant ist, sondern die Philosophie dahinter genauso langfristig Bestand hat.
Als sichtbares Kennzeichen ihrer Herkunft tragen meine Spitzenweine das Symbol der Oppenheimer Rose, das gotische Fenster an der Südfassade der Katharinenkirche, auf dem Etikett. Die Oppenheimer Rose ist in vielfacher Hinsicht symbolisch. Sie repräsentiert neben der Herkunft auch meisterliches Handwerk (mittelalterliche Steinmetzkunst und Glasmalerei), und je nach Lichteinfall zu den unterschiedlichen Tages- oder Jahreszeiten ein facettenreiches, wunderschönes, variierendes Farbenspiel. In dem wechselnden Licht entstehen immer wieder neue Aspekte und Betrachtungen. Das spiegelt sich für mich auch in den Weinen wider, die mit der Oppenheimer Rose gekrönt sind. In ihnen gibt es Herkunft, Handwerk und immer wieder neue Facetten des Geschmacks zu entdecken. Interessantes und Überraschendes offenbart sich je nachdem zu welcher Zeit und über welchen Zeitraum die Weine genossen werden."
Wo liegen die Stärken des Weingutes? Was macht den ganz persönlichen Fußabdruck aus?
Frank Heyden: "Mich fasziniert Wein und ich probiere Weine aus der ganzen Welt. Das treibt mich an und meine Motivation ist meine Stärke. Hier in Oppenheim, in Rheinhessen generell, sind wir schon weit gekommen, vor allem, was Weißwein anbelangt. Aber beim Rotwein - da ist noch Potenzial. Mein Interesse ist, Rotweine in Oppenheim herzustellen, die im internationalen Vergleich in nichts nachstehen. Wir haben hier das Potenzial, mit den kalkhaltigen Böden auch mit Merlot und Cabernet Franc, neben Spätburgunder, ausdruckstarke Weine zu machen. Da wird meine persönliche Entscheidung, mein persönlicher Fußabdruck, z. B. bei Neuanpflanzungen wie Cabernet Franc deutlich."
Was war das persönliche TOP und welches der FLOP bis jetzt in der Karriere als Winzer?
Frank Heyden: "Ein echter Flop war in einem Jahr das Vorhaben, Eiswein zu lesen. Wir hatten die Trauben hängengelassen und ich dachte, es wird noch einmal richtig kalt über Nacht und habe die Netze hoch gemacht. Statt der Kälte kamen Wolken und damit die ausgehungerten Vögel. Bis wir sie bemerkten, hatten sie schon fast alles weggefressen. Top - das ist meine Frau! Wir haben uns in Mainz, wo sie Pharmazie studierte, auf einer Party kennengelernt. Ich steckte mitten in meiner Diplomarbeit (antioxidatives Potential von Weißwein in verschiedenen Varianten) und hatte nur ein enges Zeitfenster im Labor für die Ausarbeitung meiner Analysen bekommen, das es unbedingt einzuhalten galt. Dabei hat sie mir dann dankenswerterweise geholfen und steht mir weiterhin sehr zur Seite. :) Ein Top in Sachen Wein kann ich natürlich auch berichten: Ich habe während des Studiums mit dem Dozenten Wolfgang Pfeifer gewettet, dass ich aus Eiswein einen Eisweinsekt mache. Wenn es mir gelänge, dürfe ich ihn mit seinem Vornamen anreden. Der Wein gärte wie verrückt und hat ordentlich Druck in den Flaschen erzeugt… sie sind nicht explodiert. Ich habe Herrn Pfeiffer dann mit Wolfgang angeredet und eine Kiste Eisweinsekt lagert noch heute ganz oben im Regal verborgen!"
Wenn jemand Ihre Weine noch nicht kennt, welchen Einsteiger-/Anfängerwein würden Sie ihm empfehlen?
Frank Heyden: "Wer Riesling mag, je nach Geschmack Riesling trocken oder halbtrocken, der ist etwas milder und hat weniger Alkohol."
Was ist Ihr eigener Lieblingswein vom eigenen Weingut und gibt es Weine von anderen Weingütern, die Sie sehr schätzen?
Frank Heyden: "Den EINEN Lieblingswein habe ich genauso wenig, wie die Mutter mehrerer Kinder das EINE Lieblingskind hat. Ich erfreue mich da der spannenden Auswahl und entscheide ganz nach Situation und meiner körperlichen, seelischen und moralischen Verfassung. ;) Die variiert je nach Tag und Tätigkeit, ob ich körperlich im Weinberg gearbeitet habe oder einen anstrengenden Tag im Büro hatte.
Sehr genossen habe ich den australischen Shiraz „Hill of Grace“ von Stephen Henschke. Bei unserer Hochzeit haben wir eine Flasche von Cordière, den 1972er Château Gruaud Larose, St. Julien, Bordeaux, sehr geschätzt und Weine aus unserer Partnerstadt Givry im Burgund von der Domaine Deliance mag ich auch. Gerard war anlässlich einer Jubläumsfeier in Oppenheim, und wir haben einige Zeit miteinander verbracht. Mein Vater hatte damals schon Weine von ihm in Givry gekauft, und so hatte ich alte Jahrgänge seines eigenen Weingutes bei mir im Keller. Nachdem er Spätburgunder von mir probiert hatte, habe ich in einer Blindverkostung einen seiner eigenen Weine von 1984 aufgemacht und wollte wissen, ob er seinen eigenen Wein nach den vielen Jahren wiedererkennt. Das ist das Tolle: Wein verbindet - Wein schafft Freundschaften!"
Haben Sie Wünsche/Visionen für die Zukunft?
Frank Heyden: "Ich wünsche mir die Zeit zu haben, um solche Freundschaften ausbauen zu können. So zwei bis drei Wochen auf einem anderen Weingut, z. B. in Frankreich tätig zu sein und mich weiterentwickeln zu können, wäre ein Wunsch für die Zukunft. Während des Studiums und danach habe ich diverse Betriebe im In- und Ausland kennenlernen dürfen. Die Zeit in Neuseeland und der sechsmonatige Aufenthalt in Australien waren sehr bereichernd und die Kontakte bestehen teilweise noch bis heute. Um sie zu pflegen und immer weiter zu lernen, dafür hätte ich gerne mehr Zeit."
Weine aus dem Beitrag
Alle Weine vom Weingut Doktor Heyden