Qualitätsstufen, Prädikate und Klassifikation nach Herkunft
Lässt sich die Qualität eines Weines schon auf dem Etikett ablesen?
Es ist nicht dem Zufall überlassen, was auf dem Etikett geschrieben steht, sondern rechtlich genau festgelegt, mit welchen Begriffen sich der Wein bezeichnen darf. EU Verordnungen und ein noch gültiges Deutsches Weingesetz von 1971 bestimmen, was sich hinter den Bezeichnungen verbirgt. Noch in diesem Jahr 2019 soll es eine umfassende Reformation des Deutschen Weingesetzes geben. „Einerseits als Richtschnur für die Winzer, andererseits um den Verbrauchern die neuen Weinprofile klar und verständlich zu kommunizieren.“ (Julia Klöckner, Mai 2019)
Was muss auf dem Etikett einer Weinflasche vermerkt sein?
Gehören Sie auch zu den Konsumenten, die eine Weinflasche im Regal nach optischen Merkmalen auswählen? Das ist menschlich und erwünscht und gar kein Grund sich zu schämen. Schließlich geben sich die Weinproduzenten viel Mühe ihre Produkte dem Zeitgeist gemäß zu präsentieren. Ein Etikett ist Pflicht, und es ist im EU Recht festgelegt, was zur „Etikettierung“ gehören darf. Häufig gibt es ein sogenanntes „Schauetikett“ und ein „Rückenetikett“. Als „Hauptetikett“ wird das Etikett bezeichnet, auf dem die vorgeschriebenen Angaben bezüglich, Alkoholgehalt, Füllmenge, Abfüller, Herkunft, Qualitätsstufe, amtlicher Prüfungsnummer und kennzeichnungspflichtiger Zusatzstoffe vermerkt sind. Auch die Kapseln und Anhänger am Flaschenhals gehören noch zur Etikettierung einer Weinflasche.
Wie sind nun die Begriffe, die so hochwertig klingen, zu verstehen?
Was sind Qualitätsstufen?
Hier die Bezeichnungen der in Deutschland gültigen Qualitätsstufen seit der EU-Weinrechtsänderung in 2009:
„Deutscher Wein“ ohne weitere Herkunftsbezeichnung muss aus in Deutschland zugelassenen Rebflächen und Rebsorten stammen. Vor 2009 wurde er unter der Bezeichnung Tafelwein verkauft.
„Deutscher Landwein“ stammt aus den 26 geografisch festgelegten Landwein Gebieten Deutschlands und ist geschmacklich von trocken bis halbtrocken erhältlich.
„Qualitätswein“ ist Wein mit einer geschützten Ursprungsbezeichnung. Qualitätsweine bilden in Deutschland die größte Gruppe, und sie müssen zu 100 % aus einem der 13 Weinanbaugebiete stammen. Weiterhin müssen sie eine analytische und sensorische Prüfung (amtliche Prüfungsnummer) bestehen und 50 - 72° Oechsle zum Zeitpunkt der Lese messbar sein.
Bis zur Stufe der Qualitätsweine darf der Most vor der Gärung „chaptalisiert“ werden, sprich mit Zucker oder gesüßtem Most angereichert werden.
Was ist „Natürliches Mindestmostgewicht“?
In Deutschland wird das Mostgewicht mit einem Refraktometer in Grad Oechsle gemessen. Dabei wird eine Traube in dem Gerät gequetscht und dann lässt sich die spezifische Dichte des Mostes messen. Spezifische Dichte des Mostes bedeutet das Gewicht des Mostes im Verhältnis zu Wasser (1Liter) bei einer Temperatur von 20°C. Lässt sich z.B. ein Wert von 1,072 im Refraktometer ablesen, bedeutet das ein Mostgewicht von 72°Oe.
In der Hauptsache kommt das Mehrgewicht durch den in den Trauben enthaltenen Zuckergehalt und geringfügig fallen andere Stoffe wie Glycerin, Pektine, Proteine, Phenole, und Mineralien mit ins Gewicht. Grad Oechsle heißt die Einheit nach seinem Erfinder Ferdinand Oechsle.
In anderen Ländern wird das Mostgewicht mit anderen Geräten und in anderen Einheiten gemessen. Zum Beispiel wird in Österreich mit einer Senkspindel, die als „Klosterneuburger Mostwaage“, KMW, bezeichnet wird, in Grad Babo gemessen. Grad Baumé oder Grad Brix bezeichnen weitere Einheiten, in denen die relative Dichte gemessen wird.
Das Mostgewicht ist also Voraussetzung für die Einordnung in Qualitätsstufen und Prädikate.
Güteklassen im Vergleich
Deutscher Wein | Landwein | Qualitätswein | Prädikatswein |
100 % Weintrauben aus deutschem Rebland | 85 % Weintrauben aus benannter Region | 100% Weintrauben aus einem bestimmten Anbaugebiet | |
Natürliches Mostgewicht | |||
44° - 50° | 47° - 55° | 55° - 72° | 70° - 154° |
Anreicherung erlaubt | Anreicherung verboten | ||
Lebensmittelrechtliche Kontrolle | Amtliche Qualitätsweinprüfung | ||
Tatsächlich vorhandener Mindestalkohol | |||
8,5 % vol. | 7,0 % vol. | 5,5 % vol. (ab BA) | |
Gesamtalkoholgehalt | |||
max 15 % vol. | |||
Mögliche Geschmacksrichtungen | |||
alle | trocken, halbtrocken* | alle |
Deutscher Wein | Landwein | Qualitätswein | Prädikatswein |
100 % Weintrauben aus deutschem Rebland | 85 % Weintrauben aus benannter Region | 100% Weintrauben aus einem bestimmten Anbaugebiet | |
Natürliches Mostgewicht | |||
44° - 50° | 47° - 55° | 55° - 72° | 70° - 154° |
Anreicherung erlaubt | Anreicherung verboten | ||
Lebensmittelrechtliche Kontrolle | Amtliche Qualitätsweinprüfung | ||
Tatsächlich vorhandener Mindestalkohol | |||
8,5 % vol. | 7,0 % vol. | 5,5 % vol. (ab BA) | |
Gesamtalkoholgehalt | |||
max 15 % vol. | |||
Mögliche Geschmacksrichtungen | |||
alle | trocken, halbtrocken* | alle |
Wie in der Tabelle ersichtlich, ist die Einstufung in die verschiedenen Qualitäten und Prädikate von dem Mostgewicht abhängig. Je höher das Mostgewicht ist, desto höher die Zuordnung in die entsprechende Qualitätsstufe, bzw. Prädikate.
Was sind Prädikatsweine?
Prädikatsweine sind Qualitätsweine eines bestimmten Anbaugebietes. D.h. Weine aus den 13 Anbaugebieten in der höchsten Qualitätsstufe können mit zunehmenden Mostgewichten die entsprechenden Prädikate erlangen.
Mindestmostgewichte für Qualitäts- und Prädikatsweine
- Qualitätswein: 55 - 72°Oe
- Kabinett: 70 - 82°Oe
Leichte, trinkfreudige Weine mit wenig Alkohol aus reifen Trauben. - Spätlese: 76 - 90°Oe
Späte Lese reifer Trauben, die zu trockenen oder auch zu restsüßen, eleganten Weinen ausgebaut werden. - Auslese: 83 - 100°Oe
Nur vollreifes Lesegut wird „ausgelesen“ und darf eine Auslese werden, unreife Trauben werden aussortiert. - Beerenauslese: 110 - 128°Oe
Edelfaule Beeren (durch Botrytis cinerea, einem Pilz, der die Beerenhaut durchlässig macht), die überreif gelesen werden und vollfruchtige Weine geben - Trockenbeerenauslese: 150 - 154°Oe
Ebenfalls edelfaule Beeren, die nur in besonderen Jahren so lange am Stock hängen können, dass sie zu Rosinen eintrocknen. Sehr geschmacksintensive, süße „Edelweine“, die sehr lange lagerfähig sind. - Eiswein: 110 - 128°Oe
Auch die Trauben für Eiswein gibt es nur unter besonderen Witterungsverhältnissen. Gesunde Trauben, die bis zum Frost am Stock bleiben und gefrieren. Sie werden gefroren von Hand gelesen (-7°C) und gekeltert. Es ist die pure unverdünnte Frucht, die zu Wein wird!
Wie sich aus der Auflistung des Mindestmostgehaltes ergibt, steigen mit der Reihenfolge, in der die Prädikate genannt werden, die Grade Oechsle. Da der Hauptbestandteil des Mostgewichtes vom Zucker bestimmt wird, ist also der Zuckergehalt in den gelesenen Trauben immer höher und damit die Zuordnung des entsprechenden Prädikats immer wertiger. Das hängt unter anderem mit dem zunehmend späteren Lesezeitpunkt (z.B.Spätlese) zusammen. Je nach Witterung können die Trauben am Stock länger Zucker ausbilden und als gesunde oder edelfaule Beeren mehr Fruchtsüße und Geschmack ausprägen.
Eine Auswahl unserer Prädikatsweine:
Die Geschmacksrichtungen, Süßegrade im Wein
Während für den Lesezeitpunkt und für die Bestimmung des Prädikates das Mostgewicht ausschlaggebend ist, wird nach der Gärung der Restzucker im Wein gemessen. Während der alkoholischen Gärung wird der Zucker in Alkohol umgewandelt. Bis zur Prädikatsstufe Spätlese werden Weine möglicherweise trocken ausgebaut. Ab der Prädikatsstufe Auslese verbleibt ein höherer Restzuckergehalt im Wein und Geschmacksbezeichnungen wie halbtrocken, lieblich oder süß beschreiben wie hoch der verbleibende Zuckeranteil im Wein ist.
Süßegrade im Vergleich
Trocken | Als trocken werden Weine mit einem Restzuckergehalt bis zu 4 g/l bezeichnet. Das ist innerhalb der EU die Richtlinie. Da aber gerade z.B. deutsche Rieslingweine von ihrem Süße-Säure-Spiel geschmacklich profitieren, gibt es noch eine andere Rechnungsart, die über die 4 g/l Restzucker hinausgeht, wenn die Säure entsprechend hoch ist. Bei Weinen mit einer solch fruchtbetonten Ausprägung darf der Restzucker bis 9 g/l sein, wenn die Säure 7 g/l ist. Die Formel lautet: g/l Säure + 2 bis maximal 9 g/l Restzucker. |
Halbtrocken | Auch bei halbtrockenen Weinen gibt es diesen Spielraum. Generell besitzt ein halbtrockener Wein bis zu 12 g/l Restzucker. Bei Weinen mit einem Säuregehalt bis zu 8 g/l darf der Restzuckergehalt bis maximal 18 g/l liegen.
Die Formel lautet bei halbtrockenen Weinen: g/l Säure + 10 bis maximal 18 g/l Restzucker. |
Lieblich | Weine die süßer sind als halbtrocken werden bis 45 g/l Restzucker als lieblich bezeichnet. Dabei gibt es keine weitere Berücksichtigung des Säurewertes. |
Süß | Alle Weine, die mehr als 45 g/l Restzucker aufweisen, werden als süß bezeichnet. |
Feinherb |
Seit ein paar Jahren taucht auf Etiketten auch die Geschmacksbezeichnung feinherb auf. Dieser Begriff war weder in der EU noch im deutschen Weingesetz genau bestimmt. Er wurde auch prompt gesetzlich in Frage gestellt und landete vor Gericht.
Das Weingut Reichsgraf von Kesselstatt bekam dann Zustimmung für die Verwendung des Begriffes vom Oberverwaltungsgericht Koblenz im Jahre 2002: „Eine gewisse Blumigkeit der Angaben für die organoleptischen Eigenschaften des Weins und die dabei gelegentlich zu beobachtende spezielle Lyrik des Weinprobenvokabulars mögen von ihrem Aussagegehalt her nur schwer fassbar sein, sie sind aber nach dem Willen des Gesetzgebers gleichwohl zulässig.“ (Oberverw.ger. Koblenz: Aktenzeichen 7 A 10731/01.OVG). Geschmacklich sind feinherbe Weine mit dem Begriff tatsächlich gut beschrieben. Sie sind vom Restzuckergehalt oft annäherungsweise den halbtrockenen Weinen ähnlich, allerdings ohne die strengen Vorgaben einzuhalten. |
Jetzt sind schon viele Begriffe zugeordnet und erklärt. Aber was ist denn z.B. ein Großes Gewächs? Ein Prädikat ist es auf jeden Fall nicht!
Was ist die Klassifikation nach Herkunft?
Die Einteilung der Qualitätsstufen berücksichtigt ja schon grob die Herkunft der Weine. Ähnlich wie die Prädikate bezieht sich die Klassifikation nur auf die höchste Qualitätsstufe, die Qualitätsweine. Damit nicht nur der Zuckergehalt im Wein und das damit einhergehende Prädikat über die Qualität eines Weines entscheidet, gibt es seit 2012 die VDP.Klassifikation. Der VDP, der Verband Deutscher Prädikats- und Qualitätsweingüter e. V., besteht heute aus ca. 200 Mitgliedern, deren Weingüter verteilt in allen 13 Anbaugebieten liegen, und kann auf eine über 100jährige Geschichte zurückblicken.
Innerhalb des Vereines gab es seit 1984 eine Bewegung, die den Qualitätsbegriff wieder präzisieren und bestimmten Entwicklungen gegensteuern wollte. Eine Qualitätsaussage sollte unabhängig der durch den Zuckergehalt bestimmten Prädikate definiert werden, da diese auch durch die Zugabe von Süßreserve (Chaptalisation) erreicht werden konnten. In großen als „Qualitätsflächen“ ausgewiesenen Weinbergsflächen gingen Einzellagen mit ihrem einzigartigen Charakter verloren. Anliegen der Winzer des Vereines ist es bis heute hochwertige, trockene Weine und natürliche, fruchtsüße Weine zu produzieren deren Herkunft man schmecken kann. Im Jahr 2012 wurde nach vielen Diskussionen innerhalb des Vereines die 4 stufige Klassifikation festgelegt.
Weine von Mitgliedern des VDP tragen auf der Flaschenkapsel das Zeichen des Traubenadlers und in dem darunter umlaufenden Band steht die entsprechende Klasse beschrieben, z. B. VDP. Gutswein.
VDP. GUTSWEIN – Von Grund auf gut
Wein stammt aus gutseigenen Lagen und entspricht VDP Standards.
VDP.ORTSWEIN – Botschafter bester Böden
Ortsweine spiegeln die regionalen Gegebenheiten der Gemeinde wider. Gebietstypische Rebsorten auf Weinbergen innerhalb der Gemeindegemarkung des auf dem Etikett angegebenen Ortes mit einer maximalen Ertragsmenge von 75 hl / ha.
VDP.ERST LAGE– Erste Klasse!
Die für den jeweiligen Weinberg der klassifizierten Lage typische Rebsorte wird von Hand gelesen, selektiert und mit dem Mindestmostgewicht einer Spätlese (76-90 °O) mit einem Höchstertrag von 60 hl /ha geerntet. Die Weine dürfen erst nach der Mainzer Weinbörse im April des Folgejahres vermarktet werden.
VDP.GROSSE LAGE– Die Spitze der Weinberge
Die GROSSE LAGE kennzeichnet die hochwertigsten deutschen Weinberge. Die Erntemenge der regional festgelegten Rebsorte ist auf 50 hl /ha begrenzt und der trockene Wein einer GROSSEN LAGE wird als GROSSES GEWÄCHS (GG) bezeichnet. Der Wein einer GROSSENLAGE wird selektiv von Hand mit mindestens der Qualität einer Spätlese gelesen. Die Vermarktung erfolgt erst ab dem 1. September des Folgejahres. Rotweine müssen mindestens 12 Monate im Holzfass gereift sein und kommen somit erst im übernächsten Jahr auf den Markt. GROSSE LAGEN Weine werden während der Weinbergsarbeit kontrolliert und die Weine werden vor und nach der Abfüllung durch eine Kommission geprüft und bestätigt.
Auch wenn die Beeren aus ERSTEN und GROSSEN LAGEN mit Spätlesequalität und sogar noch höheren Oechslegraden gelesen werden, werden sie obligatorisch als trockene Weine ausgebaut und ohne Prädikate auf dem Etikett vermarktet. Nur die fruchtsüßen Weine tragen dann Prädikatsbezeichnungen und kennzeichnen somit ihren höheren Restzuckergehalt. Auch bei VDP.ORTSWEIN ist das schon so:
trocken ist die Regel, mit Prädikat kennzeichnet fruchtsüße Weine
Die VDP Winzer müssen noch weitere detaillierte Richtlinien in den einzelnen Klassen erfüllen. Die hier angeführten Qualitätsvorgaben sind aber auf dem Etikett der Weinflaschen angegeben und wichtige Hinweise über Qualitätskontrolle Geschmack und Herkunft des Weines.
Das Prinzip des Gutswein, Ortswein, Lagenwein verfolgen auch nicht VDP Mitglieder gemeinschaftlich in einzelnen Anbaugebieten (z. B. Maxime Herkunft in Rheinhessen). Motivation und Hintergrund ist der Gedanke sich mit den regionalen Besonderheiten und Bodentypen klar darzustellen, das Terroir, die Herkunft des Weines schmeckbar zu machen.
Eine Auswahl unserer VDP-Weine:
Fazit
Der überwiegende Teil, der in Deutschland erzeugten Weine, sind Qualitätsweine aus den 13 Anbaugebieten. Sie sind von trocken bis edelsüß erhältlich. Anhand der Prädikate kann man Rückschlüsse auf Lesezeitpunkt und Weintyp ziehen. Sind die Erzeuger dem VDP zugehörig lassen sich anhand der auf der Kapsel angegebenen Stufe und den Angaben auf dem Etikett die genaue Herkunft und die Einhaltung kontrollierter Richtlinien in Betrieb und Weinberg entnehmen.
Die Vielzahl der Begriffe auf einer Weinflasche ist, so in einzelne Kategorien unterteilt, gar nicht mehr so kompliziert. Das „Weinvokabular“ der verschiedenen Qualitätsbeschreibungen ergänzt sich zu einer Eischätzung, ob sich hinter den vielen Worten ein Wein für Ihren Geschmack verbirgt.