Weinflaschen ziert außer einem hübschen Schauetikett manchmal zusätzlich ein runder Aufkleber der golden, silbern oder bronzefarben die Aufmerksamkeit und Neugierde des potentiellen Käufers auf sich zieht. Er lässt die Flasche wertig aussehen. Verspricht er womöglich, dass der Inhalt besser ist, als der anderer Flaschen ohne Medaille? Was bedeuten die vergebenen Punkte und Medaillen auf den Flaschen? Warum wird ein Wein mit 18 Punkten als großartig befunden und an anderer Stelle mit 95 Punkten als hervorragend beworben? (z.B. 2014 Château Sociando-Mallet 18 P Weinwisser, 95 P James Suckling, 92 Parker Punkte)
Kammerpreismünzen und Medaillen
Bevor die Erklärung für die unterschiedlichen Punktesysteme zur Bewertung bei internationalen Weinverkostungen folgt, nun erst einmal eine (nicht ganz wertfreie) Erläuterung zu den voller Winzerstolz aufgeklebten Münzen und Medaillen am Flaschenhals.
Der größte Anteil der in Deutschland produzierten Weine sind Qualitätsweine
In Deutschland bestehen jedes Jahr mehr als 16.000 verschiedene Weine und Sekte die von den Landwirtschaftskammern durchgeführten amtlichen Qualitätsweinprüfungen nach einem in der Weinverordnung festgelegten Bewertungsschema.
Mehr zu Qualitätsstufen deutscher Weine unter „Wie erkenne ich Weinqualität deutscher Weine auf dem Etikett?“
Überdurchschnittlich gute Qualitätsweine können mit Preismünzen prämiert werden. Dafür müssen sich die Winzer anmelden und die amtlichen Prüfer der Landwirtschaftskammer vergeben dann je nach Qualität bronzene, silberne oder sogar goldene Kammerpreismünzen.
In Frankreichs Supermärkten fallen diverse Medaillen auf den Weinflaschen ins Auge. Bei regionalen Wettbewerben stellen Winzer des Anbaugebietes ihre Weine zur vergleichenden Verkostung bereit und können dann Gold oder Silber z.B. in Mâcon oder Orange holen. Landesweit von Bedeutung ist der Concours Général Agricole de Paris, der u.a. Weine prämiert. Ähnlich wie durch die Landwirtschaftskammern werden auch hier für die verschiedenen Anbaugebiete bronzene, silberne und goldene Medaillen vergeben. Für die Vergabe von 3.893 Medaillen im Jahr 2020 hatten die Verkoster vom 22.02. bis zum 01.03.2020 Zeit.
Verkostungen wie die „International Wine Challenge“ in England, die „Berliner Wein Trophy“ oder die vom Meiniger Verlag ausgerichtete „Mundus Vini“ vergeben nicht nur Gold, sondern sogar auch Platin oder Großes Gold für herausragende Qualitäten. Für den „Best-in-Show“ Wein vergibt die ausgewählte Fachjury bei der Verkostung der Zeitschrift „Decanter“ auch eine Platinmedaille.
Und? Wie sind Medaillen nun einzuordnen?
Die Medaillen werden von Fachleuten oft eher belächelt als ernst genommen und für nicht sehr aussagekräftig gehalten, da unterschiedliche Jurys verschiedene nicht vergleichbare Medaillen für eine große Menge an zur Verkostung eingereichten Weinen vergeben. Ein weiteres Argument für die „mäßige Qualität“ der ausgezeichneten Weine ist häufig, dass die renommierten und angesehenen Weingüter sich gar nicht bei derlei Wettbewerben anmelden. Zugegebenermaßen macht es die Vielzahl der Medaillen dem Verbraucher nicht unbedingt einfacher, einen Wein zu bewerten.
Ich finde es allerdings durchaus lobenswert, dass Winzer an solch einem Wettbewerb teilnehmen. Da ich selber nur auf eine einmalige Erfahrung einer solchen großen Blindverkostung zurückschauen kann (Hier mehr dazu.), finde ich es respektabel und ambitioniert, sich einer solch vergleichenden Situation zu stellen. Wer daraus mit einer Medaille hervorgeht, übererfüllt auf alle Fälle die Kriterien des „normalen“ Qualitätsweines, bzw. IGP oder AOP.
Einige unserer Weine mit Medaillen
Punkte-Systeme
Eine ganz andere Sache ist das mit den verschiedenen Punkten. Hier gibt es eine Vielzahl von fachkundigen Auszeichnern. Weinführer und Weinfachzeitschriften vergeben Punkte ebenso wie renommierte Weinkritiker.
Eichelmann, Gault-Millau und Falstaff beurteilen u.a. Deutschlands Weine und natürlich gibt es für Frankreich, Österreich, Italien oder Spanien noch weitere spezialisierte Weinführer mit ihren eigenen Bewertungen. Internationale Weinmagazine wie Decanter, Wine Spectator oder Wine Advocate enthalten Beiträge von angesehen Fachjournalisten und Weinkritikern oder werden sogar von ihnen geführt. Robert Parker gründete 1978 den Wine Advocate, James Suckling leitete bis 2010 den Wine Spectator und seit 2010 sein Online Weinmagazin „jamessuckling.com“. René Gabriel, als Bordeauxspezialist, informiert mit seinem „Weinwisser“ seit 1992 die Weinwelt über europäische Weine und Jancis Robinson schreibt für den Decanter. Die genannten international anerkannten Weinkritiker haben mit ihren Beurteilungen Einfluss auf dem Weinmarkt. Eine mit vielen Parker Punkten ausgezeichnete Flasche Wein genießt z.B. eine verkaufsfördernde Wertigkeit.
5, 20, 100 Punkte
Es gibt verschiedene Punktesysteme. In Deutschland wird mit fünf Punkten bei der Qualitätsweinprüfung gearbeitet. International werden aber hauptsächlich entweder 1-20 oder 1-100 Punkte bei Verkostungen vergeben. Aber selbst bei dem 100 Punkte-System gibt es keine einheitlichen Bewertungskriterien. So startet Robert Parker seine Bewertung von 50-59 Punkten mit der untersten Kategorie „nicht akzeptabler Weinqualität“. Andere bewerten Weine, die als „inakzeptabel“ befunden werden, erst gar nicht. Der Wine Spectator vergibt für durchschnittliche Qualität 70-79 Punkte, Gault Millau oder Vinous erwähnen ab 75 Punkte passable Alltagsweine. Die beschreibenden Adjektive reichen von unterdurchschnittlich bis zu herausragend, außergewöhnlich, ikonisch. Trotz des eigenen Vokabulars der jeweiligen Bewerter hier ein ungefährer Vergleich der bewertenden Punkte:
Einige unserer Weine mit Top Punkten
Top bewertet!
Bei allem Anspruch, Weine mit System und Objektivität zu beurteilen, wird ein und derselbe Wein von verschiedenen Weinkritikern doch unterschiedlich beurteilt. Es liegt in der Natur des Geschmacks, dass dies eine subjektive Angelegenheit ist. Wie auch die Symbole der Weinführer variieren – ob Trauben, Gläser oder Punkte – so sind auch die Kriterien, nach denen die Fachleute bewerten, nicht einheitlich. Damit möchte ich zum Ausdruck bringen, dass neben allem fachkundigen Urteil Ihre eigene Bewertung von bedeutendem Wert ist. Punkte und Medaillen sind eine Empfehlung und für Sie eine Hilfestellung zur Einschätzung von Preis und Leistung. Wenn Sie Wein als Geldanlage betrachten, bieten die Punkte renommierter Kritiker auch eine Einschätzung über die Wertigkeit und ggf. Lagerfähigkeit des Weines. Vielleicht hat Ihr Lieblingswein weder eine Medaille noch eine Punkteauszeichnung. Er ist von Ihnen persönlich top bewertet – und das bestimmt zu Recht!