Die Nahe - Die wilde Schönheit im Südwesten
Denkt man an Deutsche Weinanbaugebiete, denkt man bestimmt nicht als allererstes an die schöne, wilde Nahe! Die Nahe ist immer noch eine „Understatement-Weinregion“, die mit ihren Qualitäten nie marktschreierisch hausieren ging. Ganz im Gegenteil: Zeitweilig zierten Rheinmotive die als Rheinwein vermarkteten Weinflaschen von der Nahe. Erst seit 1971 ist das Anbaugebiet Nahe eigenständig und die 350 Winzerbetriebe vermarkten ihre Qualitäts- und Prädikatsweine zur Hälfte selbst.
Heute ist eine selbstbewusste Winzergeneration herangewachsen, die zu Recht auf sich aufmerksam macht. Die Nahe ist besonders, in ihrer Bodendiversität einzigartig und landschaftlich so abwechslungsreich, dass es neben den tollen Weinen viel an Kultur und Natur zu entdecken gibt.
Das Gute liegt entlang der Nahe.
Die Nahe entspringt im Saarland in der Gemeinde Nohfelden ganz in der Nähe des im Naturpark Saar-Hunsrück liegenden Bostalsees, aus dem sie über den Bosbach Zufluss erhält.
Insgesamt schlängelt sich die Nahe über 125 km an namhaften Orten wie Idar-Oberstein, bekannt für die Felsenkirche und seine Edelstein- und Schmuckindustrie, Kirn, Monzingen, die Heilbäder Bad Sobernheim, Bad Münster am Stein und Bad Kreuznach entlang, bis sie bei Bingen als linker Nebenfluss in den Rhein mündet. Dort dient ihr Zufluss als natürliche geografische Unterteilung von Oberrhein zu Mittelrhein.
Der Wilde Fluss (keltisch von Nava) ist nicht - und war nie - schiffbar. Er trennt den Hunsrück vom Nordpfälzer Bergland und überwindet in seinem Verlauf 322 Höhenmeter. Bei Bingerbrück überquert Deutschlands älteste mittelalterliche Steinbrücke aus dem 11. Jahrhundert, die Drususbrücke, immerhin mit sieben Brückenpfeilern und einer Länge von 125 Metern, den Fluss.
Der Abschnitt vom Naheengtal oberhalb von Idar-Oberstein bis Kirn wird als obere Nahe bezeichnet. An der mittleren Nahe von Martinstein bis zum Kreis Bad Kreuznach beginnt das eigentliche Weinanbaugebiet Nahe. Die untere Nahe fließt von Bad Kreuznach bis Bingen. Das Weinanbaugebiet Nahe gehört zum Land Rheinland-Pfalz, wie auch das östlich angrenzende Weinanbaugebiet Rheinhessen.
Neben dem Wellnessen & Gesunden in den Kurorten mit Salinen, Heilbädern und nachweislich guter Luft, bietet das Naherholungsgebiet einen Weinwanderweg von Kirn bis Bingen mit einer Länge von 97 km, die Tourismus orientierte Naheweinstraße (130 km Länge) und das größte Felsmassiv in Deutschland nördlich der Alpen, den Rotenfels (327m ü NN).
Gutes Klima für Mensch und Wein
Von Hunsrück, Soonwald, dem Nordpfälzer Bergland und nördlich auf der anderen Rheinseite dem Taunus umgeben, ist das Klima im Nahetal gemäßigt mit milden Wintern und warmen, aber nicht zu heißen Sommern. Der Regen bleibt auch oft in eben diesen Gebirgszügen „hängen“, und so liegt die Niederschlagsmenge bei nur 500 – 600 mm/qm jährlich. Staatlich anerkannte Kurorte mit regelmäßigen Luftkontrollen bürgen für ein gesundheitsförderndes Klima in den Heilbädern.
Die 4.239 Hektar große Anbaufläche, unterteilt in 6 Großlagen und 310 Einzellagen, erstreckt sich von Martinstein bis Bingen und in den Seitentälern Guldenbach, Gräfenbach, Glan, Trollbach, Ellerbach und Alsenz. Dort herrschen unterschiedliche Klimata, die zusammen mit den verschiedenen geologischen Bedingungen beste Voraussetzungen für elegante, mineralische als auch vollere und fruchtig ausgeprägte Weine bieten. In den Hanglagen der oberen mittleren Nahe ist es kühler und die Weine reifen etwas später aus, was den Weinen eine gute Säurestruktur und Eleganz verleiht. Das Klima an der unteren Nahe von Bad Kreuznach bis Bingen ist wärmer und trockener. Hier erreichen die Weine höhere Mostgewichte und sind moderater in der Säure. Richtige Steillagen sind trotz der Mittelgebirgszüge selten an der Nahe.
Die Nahe sieht rot
Als „BodenMultKulti“ bezeichnet der Weinland Nahe e.V. dieses einzigartige Anbaugebiet. Ein wirklich herausragendes, teilweise gut sichtbares Merkmal der naturnahen und ursprünglichen Landschaft sind die 180 verschiedenen Gesteinsformationen auf engstem Raum. Die Nahe besitzt mit ihrem abwechslungsreichen Terroir eine Art Alleinstellungsmerkmal unter den deutschen Weinanbaugebieten: Quarzit, Schiefer, Phyllit, eisenhaltige rote Ton- und Sandsteine, heller Sandstein, Löss, Lehm, Vulkangestein (Rhyolit), kalkhaltiges Tuffgestein, Sand und Kies. Vor Jahren machten jüngere Winzer mit dem Slogan „Die Nahe sieht rot“ auf die Besonderheiten ihrer Weinberge und auf die vielfältigen Böden aus dem oberen Rotliegend aufmerksam. Die rote Färbung der Gesteinsschichten kommt durch die im Schiefer, Vulkan-, Ton- und Sandgestein enthaltenen, feinen Anteile von Roteisenstein (Hämatit) zustande. Der aus rötlichem Rhyolit bestehende Rotenfels mit seinen am Fuße liegenden, wie auf einer Freilichtbühne aufspielenden, Weinbergslagen Traiser Bastei und Traiser Rotenfels macht massiv weithin auf sich und die Rotfärbung aufmerksam.
Rebsorten
Bei solch einem Reichtum an Bodenvielfalt liegt es nahe, dass verschiedene Rebsorten mit ihren unterschiedlichen Bedürfnissen optimale Standorte vorfinden. An der Spitze dominiert Riesling (ca. 29%) als Ausdrucks-Rebsorte für Terroir. Überhaupt werden zu 75% weiße Rebsorten kultiviert. Müller-Thurgau, Grauer und Weißer Burgunder, Silvaner, Bacchus und Kerner folgen. Aromatische Rebsorten wie Sauvignon Blanc und Scheurebe sind auch an der Nahe auf dem Vormarsch.
Der Dornfelder (ca. 10%) führt das Feld der roten Trauben an, bevor an zweiter Stelle der Spätburgunder und danach Regent und Portugieser die Weinberge bestocken.
An der unteren Nahe und in den Weinorten entlang des Zuflusses Guldenbach finden sich optimale Bedingungen für die Reben aus der Burgunderfamilie. Auf den Schiefer- und Quarzitböden bei Bingen oder Monzingen und der Vulkanverwitterung von Bad Münster bis Schloßböckelheim zeigt der Riesling seine vielen Facetten.
Allah, heer mol. (Also,hör mal.)
Nach den Fakten ist nun Zeit für persönliche Schwärmerei. Sprachlich und auch kulinarisch ist die Region vom Hunsrück beeinflusst (Hunsrückisch oder auch Honsregger Platt). Nicht nur die junge Winzergeneration macht sich stark für die Nahe. Die qualitätsorientierte Marke „SooNahe“ z. B. fördert die Produktion und Verarbeitung regionaler Erzeugnisse von Bauernhöfen, Mühlen, Keltereien, Bäckereien und Metzgereien aus dem Hunsrück und von der Nahe. Auf den Speisekarten der Restaurants finden sich Gerichte vom Hunsrücker Wild und auf den Weinkarten natürlich Weine von der Nahe.
Seit gut 15 Jahren ist es auch in der Fachpresse angekommen, dass Naheweine nicht als Mischung aus Mosel- und Rheinstilistik anzusehen und zu beschreiben sind. Sie sind eigen – eben von der Nahe! Unabhängig von den wenigen bereits bekannten VDP Winzern der Region, machen endlich auch bisher noch „unbekannte“ Weingüter aufgrund ihres Könnens bei Verkostungen auf sich und ihre Weine aufmerksam. Naturverbunden, handwerklich sauber, klar und sehr gut gemacht entstehen hier viele Weine, die qualitativ hochwertig und bezahlbar sind.
Unbedingt einen Besuch wert!
Die Nahe samt ihrer Nebenflüsse Ellerbach, Guldenbach, Gräfenbach, Glan und Alsenz ist unbedingt eine Reise wert. Verwinkelte Gassen in malerischen Ortschaften, viel Natur und verwöhnende Gastfreundschaft bieten viel Raum für Entdeckungen.
Einige sehr zu empfehlende Gehaischnisorte werden auf der Seite von Hunsrücktourismus vorgestellt. Und solche Orte gibt es auch an der Nahe gar viele, da sie persönliche Wohlfühlorte sind.
„Gehaichnis, das ist ein plötzliches Wohlgefühl. Geborgenheit. Balsam für die Seele. Ein 'Umsorgt werden' und Zuwendung erfahren. Zahlreiche Sinnesfreuden. Tausend kleine Hochgefühle. Oder Heimat.“ www.hunsruecktouristik.de
Das Schöne ist, dass jeder auf seine ganz individuelle Art und Weise entlang dem wilden Fluss eigene Sinnesfreuden und Wohlgefühle finden kann. Das Gefühl von Gehaichnis überkommt einen dann ganz plötzlich, prägt sich tief ein und macht den Aufenthalt zu einem unvergesslichen Erlebnis. ; )