Korrigierte Tabelle
Illustration A. Einstein

Unnützes Wissen gibt es nicht!
Nach dem Motto hinterfragen wir besondere Weinfachbegriffe.
Verspielt und unterhaltsam – so lässt sich der Weinwissens-Imbiss schnell konsumieren.
Entscheiden Sie selbst, ob es sich dabei um Unnützes oder lohnenswertes Insider-Wissen handelt.
In den kommenden Wochen einen weiteren Begriff der Weinwelt erläutern!

Illustration Buchstabe A

Wir starten unser Wein ABC direkt mit der Abkürzung

ABC = Anything But Chardonnay


Was ist ein ABC-Trinker?

Ein Weintrinker, der keine Weißweine aus der Rebsorte Chardonnay trinkt. Manche erweitern die Ablehnung auch auf die rote Rebsorte Cabernet Sauvignon. Beide kosmopolitischen Rebsorten gehören weltweit zu den meistangebauten Rebsorten. Chardonnay, als meistangebaute weiße Rebsorte, bestockt in der neuen und alten Welt knapp 200.000 Hektar Anbaufläche (Platz 5) und Cabernet Sauvignon führt die Top 10 Rebsorten-Liste bis heute unangefochten an. Das harte Urteil, das zu der Ablehnung der Weine aus eben diesen Rebsorten führte, beruht auf einem Weintrend aus den 1980er Jahren: Chardonnays, die als „fette Schnecke“, breit und ihrer Vielseitigkeit beraubt mit viel Alkohol und stark getoasteten Barriques ausgebaut wurden. Der satte, üppige Trend wanderte von Kontinent zu Kontinent und führte zu einer regelrechten Übersättigung von Weinkritikern und -trinkern mit alkoholreichen Chardonnays mit Barriquenote. Zum Glück sind die bis zur Unkenntlichkeit vinifizierten Chardonnays wieder demaskiert und heute zeigen an vielen Orten dieser Welt auf kalkhaltigen Böden z. B. in klassischen Weinen aus dem Burgund und Schaumweinen aus der Champagne ihr wahres Potenzial dank feinsinniger Produzenten, die die Herkunft und Facetten der Rebsorte ausdrücken möchten.

Illustration Buchstabe B

Böckser


Die Kurzgeschichte vom Ziegenbock und der Kupfermünze.

Der Böckser ist ein Weinfehler, der seinen Namen tatsächlich aufgrund seines strengen Geruchs dem Ziegenbock verdankt - „stinkt wie ein Bock“. Der Schwefel- oder Hefeböckser (H2S-Böckser) kann während der Gärung und dem reduktiven Ausbau von Wein entstehen. Der eher nach faulen Eiern riechende Schwefelwasserstoff verliert in der Regel seinen unangenehmen Geruch, wenn der Wein vom Hefelager getrennt oder belüftet wird, sowohl bei der Herstellung (Abstich) als auch in der Flasche (Karaffieren). Sollte ein junger Weißwein im Glas nach dem Einschenken dennoch diesen schwefeligen Geruch haben, können Sie entweder mit viel Schwenken dem Wein Luft zuführen und warten bis sich der unangenehme Duft verflüchtigt oder mittels einer Kupfermünze (1,2, oder 5 Centmünze) die Sie in das Weinglas geben, Abhilfe schaffen. Die sich sehr schnell freisetzenden Kupferionen binden den Böckser.

Illustration Buchstabe C

Cape Doctor


Der Cape Doctor oder auch Kapdoktor ist ein feststehender Begriff für den Kühle bringenden Fallwind, der aus Südosten kommend über den Tafelberg Richtung Kapstadt bläst

Der „South Easter“ wie der Wind auch genannt wird, bläst vom Frühling bis zum Herbst. Er kommt als harmloses Lüftchen daher, besitzt aber oft auch die von den Kapstadt Bewohnern sehnsüchtig erwartete Frische, die die stickige Luft aus der Stadt vertreibt und kann aufbrausend mit Geschwindigkeiten bis zu 160 km/h über den Tafelberg fegen und die Stadt erstürmen.  Für den Weinbau in der Kap Region ist der frische Wind nützlich, um die Reben vor Krankheiten zu schützen, kann aber auch mit seiner zerstörerischen Heftigkeit Schaden zufügen. Seinen wohlmeinenden Namen verdankt der Doktor seiner lindernden und reinigenden Wirkung auf die Stadt und ihre Bewohner. Oder hat vielleicht Jan Anthoniszoon van Riebeeck, der als Arzt und Kaufmann den Stützpunkt aufbaute (1652), aus dem sich Kapstadt entwickelte, etwas mit dem Doktor zu tun, der segensreihe Linderung bringt? Auf alle Fälle war es er, der die ersten Rebstöcke aus Europa nach Südafrika brachte. 

Illustration Buchstabe D

Drusen


Der Begriff klingt nach „Asterix und die Drusen“, nach einem Magier oder einem medizinischen Begriff. Tatsächlich hat das Wort Drusen mehrere Bedeutungen. So sind die Drusen u. A. eine im Jahr 1010 n.Chr. entstandene Religionsgemeinschaft.
Also vielleicht gedanklich gar nicht so weit weg von den magischen Fähigkeiten eines Druiden und den heilenden Kräften von Kräutern und Kosmos ; )

Auch medizinisch hat der Begriff eine eindeutige Zuordnung. Drusen sind Ablagerungen unterhalb der Netzhaut des Auges.

Was hat jetzt Drusen wohl mit Wein zu tun?
Drusen ist eine Bezeichnung für das Geläger, also die Heferückstände nach der Gärung. Drusenwein, Drusenbrand sind Produkte, die man schon früher aus diesen Rückständen gewonnen hat.
Der überwiegend aus Hefe bestehende Drusen, Geläger oder auch als Weintrub bezeichnete Bodensatz wird für die Herstellung von Drusenwein nach der Gärung ausgepresst. Heute darf dieser Hefepresswein nicht mehr vermarktet werden. Deswegen ist das angenehm hefig schmeckende Getränk wenig bekannt. Anders ist es mit dem Drusenbrand, der wiederum einer EU-Verordnung unterliegt nur aus Wein- und Fruchttrub mit maximal 86% Alk. (wenigsten 38% Alk.) hergestellt werden darf.

Illustration Buchstabe E

Engelsanteil


Engelsanteil beschreibt den für die himmlischen Geschöpfe fein aufsteigenden Dunst aus kostbaren irdenen Holzfässern. Während Wein, Whisky, Rum, Cognac oder ähnliche Destillate ihre Reifezeit in Weinkellern oder Destillerien verbringen, fliegt den Engel ihr Anteil der Kostbarkeiten zu. Da herrscht internationaler Konsens und es bedarf keinerlei Diskussion über die Abtretungen an die Himmelskasse.

Part des Anges , Anteil der Engel oder Angels´Share heißen die immer aus Alkohol (Ethanol) und Wasser bestehenden Beiträge /Abgaben in den verschiedenen Sprachen. Je nach Klima variiert das Verhältnis zwischen Alkohol und Wasser, welches zu den Engeln in den Himmel aufsteigt. Der durch die Holzfassporen verdunstende Engelsanteil minimiert die Füllmenge im Fass. Sauerstoff füllt diesen frei gewordenen Raum und beschleunigt damit die oxidative Reifung. Je kleiner das Fass oder Gebinde, desto schneller kommen dann die Reifungsprozesse in Gang. Bei Whisky, Rum oder Cognac hat der zu den Engeln fliegende Alkohol bedenkenswerte Auswirkungen: Bei Whisky darf der Alkoholgehalt im Fass nicht unter die vorgeschriebenen 40% sinken und laut englischem Zoll müssen sich die Engel mit einem Anteil von 2,5% Alkohol im Jahr zufriedengeben. Ob sie sich wohl daran halten?

Die Filmkomödie aus dem Jahr 2012 „Ein Schluck für die Engel“ beschäftigt sich auf warmherzige und unterhaltsame Weise mit der schwindenden Füllmenge in lang lagernden Whiskyfässern.

Auf dem Weg bis in himmlische Sphären laben sich aber auch noch ganz andere Wesen an dem diffundierenden Alkohol. Baudoinia compniacensis , ein alkoholabhängiger Pilz, vergnügt sich an der mit Alkohol geschwängerten Luft in der Nähe von Destillerien. Seine schwarze Präsenz ist an den umliegenden Gebäuden unübersehbar.

Ein Paradis auf Erden sind die Kellerräume der Cognac Hersteller, in denen die mit den feinsten Bränden gefüllten Fässer lagern. Über Jahrzehnte oder sogar über ein Jahrhundert hinweg bekommen die Engel direkt aus dem Paradis ihren gehörigen Anteil.

Illustration Buchstabe F

Faustschilcher


Was ist wohl ein Faustschilcher?

Es gibt den Schilcher, den Schilchersturm, das Schilcherland, eine Schilcher Weinstraße und eben auch den Faustschilcher, der in einem Atemzug mit der Rabiatperle oder dem Heckenklescher genannt wird.

Dabei handelt es sich nicht um faustgroße Trauben aus denen (anstelle mit den Füßen gekeltert) mit Fäusten der Saft aus den Beeren geprügelt wurde, um Schilcher zu gewinnen.

Bei Schilcher handelt es sich um eine österreichische Weinspezialität aus der Weststeiermark. Als Gleichgepresster, Rosé oder als Rotwein besteht der Schilcher zu 100% aus der Wildrebe Blauer Wildbacher. Seinen Namen bekam der Wein wohl aufgrund seiner rosé bis leuchtend rot schillernde Farbe. Die verschiedenen Rotfärbungen, der frische, fruchtige und auch säurebetonte Geschmack sind die Erkennungsmerkmale des Schilchers. Der junge Wein wird im Herbst schon als „Schilchersturm“ verzehrt, prickelnder Schilchersekt als Aperitif und sogar reife Spät- und Auslesen werden aus der Wildbacherrebe gekeltert.
Für kurze Zeit, von 2017 bis 2018, wurde die gebietstypische Unverwechselbarkeit mit der Qualitätsbezeichnung Schilcherland DAC kenntlich gemacht. Seit 2018 wird der Schilcher auf einer Anbaufläche von ca. 200 ha mit seiner eigenen geschützten Ursprungsbezeichnung innerhalb des kleinsten Anbaugebietes Österreichs, der Weststeiermark DAC (639 ha Anbaufläche) gekennzeichnet.
Der Faustschilcher ist nun die handfeste wenig wertschätzende Bezeichnung für den Wein aus den Schilcher-Anbauorten Deutschlandsberg, Eibiswald, Groß St. Florian, Schwanberg, St. Stefan, Stainz und Wies. Der Name basiert auf der möglichen handgreiflichen Stimmung nach dem reichlichen Verzehr des „trinkigen“ Schilcher. Da kam es wohl auch zu hitzigen Auseinandersetzungen, die mit den Fäusten ausgetragen wurden, nach dem Genuss des anregenden fruchtig-sauren Weins.