Kaum ein weinhaltiges Getränk scheint so eindeutig jedem Menschen hierzulande bekannt zu sein. Die Ein-Wort-Frage „Sektchen?“ reicht oft aus, um sich gesellig auf ein „Gläschen“ gute Laune einladen zu lassen.
Doch ist wirklich klar, was genau den Unterschied bei Piccolo & Co macht?
Durch alle Preiskategorien haftet dem Sekt etwas Feierliches an. Einmal geöffnet, will das „Fläschchen“ geleert werden, damit die prickelnde Köstlichkeit nicht im Kühlschrank ermüdet und ihren frischen, schäumenden Zauber verliert. Wie die Kohlensäure überhaupt erst in die Sektflasche kommt, ist ausführlich in den beiden vorangegangenen Blogbeiträgen beschrieben worden und kann nachgelesen werden in: Teil 1: Schaumweine und Teil 2: Die Traditionelle Flaschengärung
Sekt ist ein echtes Trend-Thema!
Es rumort nicht nur in Tanks und Flaschen, sondern des Deutschen liebster Wein, der Schaumwein, ist sowohl in weiß als auch rosé stark dem Terroir-Gedanken „anheimgefallen“. Deswegen hier nun eine Übersicht über die verschiedenen Sektqualitäten und -kategorien.
Der mehr oder weniger aus einer Verwechslung des Wyne Seck, eigentlich für Sherry, heraus entstandene Begriff Sekt (Herkunft lat. siccus für trocken) ist nicht geschützt, wird aber überwiegend in Deutschland und Österreich verwendet. In diesen beiden Ländern finden sich auf den Etiketten verschiedene weitere Begriffe wie z. B. Flaschengärung oder Reserve, die weinrechtliche Bedeutung haben.
Sekt aus Deutschland:
Sekt ist ein Schaumwein, der mindestens 3,5 bar Kohlendioxid-Überdruck und 10% vol. Alkohol enthalten muss. Der Kohlendioxid-Überdruck ist während einer zweiten Gärung entstanden.
Sekt
Ohne weitere Angaben können die Grundweine für Sekt auch von außerhalb Deutschlands stammen. Deutscher Sekt darf nur aus Grundweinen hergestellt werden, die aus Deutschland kommen. Für Sekt b. A., sprich bestimmter Anbaugebiete, müssen die Grundweine aus dem auf dem Etikett angegebenen Gebiet angebaut und produziert worden sein.
Winzersekt
Für einen Winzersekt ist die Herkunft des Lesegutes für die Grundweine noch enger gefasst. Der Grundwein muss aus den Weinbergen des Erzeugers/Winzers stammen. Diese Qualitätsweine b. A. werden dann in den meisten Fällen durch traditionelle Flaschengärung versektet.
An dieser Stelle noch den Hinweis auf den kleinen, feinen Unterschied zwischen Flaschengärung und traditioneller, bzw. klassischer Flaschengärung. Nur bei der traditionellen Flaschengärung bleibt der Sekt auch bis zum Verkauf in einer Flasche und hat mindestens 9 Monate Zeit auf dem Hefelager. Einfache Flaschengärung bedeutet, dass die Kohlensäure bei einer zweiten Gärung in der Flasche entsteht (ca. 3 Monate), die weiteren Schritte bis zur Abfüllung allerdings in einem großen Tank vollzogen werden (Transvasierverfahren).
Winzersekte sind in Deutschland sehr stark im Vormarsch.
Es tut sich viel in puncto Sekt auf den Weingütern aller Anbaugebiete. Schaumweine zu produzieren, fängt mit der Arbeit im Weinberg an. Die Herstellung der Qualitätsgrundweine für die verschiedenen Kategorien (mit verschieden langem Hefelager von brut bis brut nature: Riesling, Burgunder, Rosé, Sortenvielfalt und Sekt extra trocken, trocken, halbtrocken, mild) fängt mit der dafür geeigneten Lage des Weinberges und anderen Reifekriterien als für Stillweine an. Dieser „Aufwand“ und die Ambitionen der Winzer werden seit ein paar Jahren mit für Sekt eigenen Qualitätskriterien beurteilt.
Zum achten Mal wurde der jährliche Sektpreis des Meininger Verlags vergeben. In 2022 wurde eine weitere Kategorie (jetzt sind es derer sieben) zugefügt, die „Premium Riesling Sekte“, die 36 Monate Hefelager vorweisen müssen. Damit ist klar, wo die Reise hingeht. Lange Reifezeiten für mehr Fülle und feinere Perlage sowohl bei Riesling als auch Burgunder Rebsorten. In der hauseigenen Pressemitteilung ist die „Durchschnittspunktzahl von fast 93“ (von 100) für die 570 verkosteten Sekte von 250 Erzeugern als „die Benchmark für deutschen Sekt“ bezeichnet. Die vergleichenden Maßstäbe sind also hoch angesiedelt und brauchen den internationalen Vergleich nicht zu scheuen!
Genau das ist auch die Ausrichtung, in die der VDP (Verband deutscher Prädikatsweingüter e.V.) zielt. Mit einer „Qualitätsoffensive für deutschen Sekt.“ konnten dieses Jahr auf der Mainzer Weinbörse zum ersten Mal Sekte der Prädikatsweingüter nach den Vorgaben des von 2018 bis 2020 erarbeiteten VDP.Sekt.Statut verkostet werden. „Unsere strikten Qualitätskriterien entsprechen höchsten internationalen Anforderungen. Uns geht es darum, mit dem Sektsiegel Leuchtturmsekte auszuzeichnen, die zu den großen Schaumweinen der Welt zählen“ sagt Steffen Christmann zum VDP.Sekt.Statut.
VDP.SEKT | VDP.SEKT.PRESTIGE | |
Herstellung | Traditionelle Flaschengärung | |
Hefelagerzeit | Mind. 15 Monate | Mind. 36 Monate |
Nähere Bezeichnung | Ortsangabe (fakultativ) | Lagenangabe (fakultativ) |
Jahrgang | Jahrgang (fakultativ) Bei Jahrgangssekt: mind. 24 Monate Lagerzeit | Jahrgangssekt: mind. 36 Monate Lagerzeit |
Cuvées | Rebsorten- und Lagencuvées möglich | |
Erzeugung | Trauben aus eigener Erzeugung | |
Rebsorten | Regionale Festlegung pro Stufe | |
Lese | Grundsätzlich Handlese | |
Pressung | Ganztraubenpressung | |
Sektprüfung | Anerkennungsprüfung durch regionale Fachkommission | Anerkennungsprüfung durch nationale Fachkommission |
VDP.SEKT | |
Herstellung | Traditionelle Flaschengärung |
Hefelagerzeit | Mind. 15 Monate |
Nähere Bezeichnung | Ortsangabe (fakultativ) |
Jahrgang | Jahrgang (fakultativ) Bei Jahrgangssekt: mind. 24 Monate Lagerzeit |
Cuvées | Rebsorten- und Lagencuvées möglich |
Erzeugung | Trauben aus eigener Erzeugung |
Rebsorten | Regionale Festlegung pro Stufe |
Lese | Grundsätzlich Handlese |
Pressung | Ganztraubenpressung |
Sektprüfung | Anerkennungsprüfung durch regionale Fachkommission |
VDP.SEKT.PRESTIGE | |
Herstellung | Traditionelle Flaschengärung |
Hefelagerzeit | Mind. 36 Monate |
Nähere Bezeichnung | Lagenangabe (fakultativ) |
Jahrgang | Jahrgangssekt: mind. 36 Monate Lagerzeit |
Cuvées | Rebsorten- und Lagencuvées möglich |
Erzeugung | Trauben aus eigener Erzeugung |
Rebsorten | Regionale Festlegung pro Stufe |
Lese | Grundsätzlich Handlese |
Pressung | Ganztraubenpressung |
Sektprüfung | Anerkennungsprüfung durch nationale Fachkommission |
Der Trend zu Qualitätssekt oder Premiumsekten ist nicht nur in Deutschland zu bemerken. Da die Deutschen mit einem jährlichen Verzehr von 3,4 Litern Sekt „die Sektweltmeister“ sind, (Quelle WDR Ausgerechnet Sekt) lohnt sich ein Blick auf das Sekt-Angebot aus dem Sekt produzierenden Nachbarland Österreich.
Sekt aus Österreich:
Österreich hat schon im Jahr 2015 eine eigene Qualitätspyramide für Sekt Austria eingeführt. In drei Stufen unterscheiden sich die Sektqualitäten in Österreich auf hohem Niveau.
Sekt Austria = Traubengut aus einem Bundesland, alle Herstellungsverfahren erlaubt, mind. 9 Monate Hefesatzlagerung bei Flaschengärung und 6 Monate bei Tankgärung, max. 12,5% vol. Alk.
Sekt Austria Reserve = Handgelesene Ernte und Pressung der Trauben in einem Bundesland, traditionelle Flaschengärung mit 18 monatiger Hefesatzlagerung
Sekt Austria Große Reserve = Handgelesene Ernte und Pressung der Trauben in einer einzigen Gemeinde, traditionelle Flaschengärung mit 36 Monaten auf der Hefe
200 Jahre Sekt-Geschichte in Deutschland, Pioniergeist & Qualitätsbewusstsein
Die Liebe zu der sprudelnden Sekt-Köstlichkeit kommt nicht von ungefähr. Sekt ist politisch, emotional und Zeitzeuge deutschen Unternehmertums. Wie in der Überschrift erwähnt und in Teil 3: Chapeaux Champagne! schon angekündigt, blickt Deutschland auf eine jahrhundertealte Schaumwein-Geschichte zurück. Deutsch-Französische Historie und Politik ist in Bezug auf Schaumwein eng miteinander verwoben. Führende Häuser in der Champagne tragen deutsche Namen, geprägt von den unternehmungslustigen Kaufleuten, die sich ab dem Jahr 1777 (Florenz-Ludwig Heidsieck) in Frankreich niederließen. Heidsieck, Bollinger, Deutz, Mumm oder Krug sind Namen, die heute klar der Champagne zugeordnet, ja fast dort „verwurzelt“ sind.
Die Entwicklungs- und Erfolgsgeschichte des Schaumweins in der Champagne wäre ohne die fleißigen Deutschen nicht so vorangeschritten. Während der Stolz und das Interesse der Franzosen dem Terroir, dem Land und dessen Bewirtschaftung galt, tüftelten die deutschen Zuwanderer mit bei der Verbesserung der Arbeiten im Keller und der Mechanisierung der Produktion. Ein ganz wesentlicher Faktor war die Knüpfung von Handelsbeziehungen ins Ausland, die sie dank ihrer Sprachkenntnisse, kaufmännischem Geschick und Weitblick vorantrieben. Es waren Deutsche, die die Champagnerhäuser vertraten, die Buchhaltung und Geschäfte führten und nicht selten die Tochter des Hauses ehelichten.
Das Wissen, das die ausgezogenen Handelsvertreter aus dem benachbarten Frankreich mitbrachten, machte sie nach ihrer Rückkehr zu „Schaumwein-Pionieren“ in Deutschland. Die Gründe ein florierendes französisches Champagnerhaus zu verlassen, konnten wie bei z. B. bei Georg Christian Kessler (Veuve Clicquot Ponsardin) persönlicher Natur sein oder sind dem Verlauf der Geschichte und drei Kriegen geschuldet. Dass es sich bei den seit den 1820er Jahren gegründeten zahlreichen Sektkellereien in ganz Deutschland um eine ernsthafte Konkurrenz auf dem Schaumweinmarkt handelte, verdeutlicht der „Champagnerparagraph“ im Versailler Vertrag (1919). Nach dem ersten Weltkrieg wurden mit Artikel 274 und 275 die französischen Herkunftsbezeichnungen geschützt und es explizit verboten, deutschen Schaumwein als Champagner zu bezeichnen! Seitdem wird in ganz Deutschland Sekt produziert.
Kaiser Wilhelm II. belegte den „Wein der Könige und König der Weine“ 1902 mit einer bis heute geltende Schaumweinsteuer, um seine kaiserliche Flotte zu finanzieren. Ebenfalls im Jahre 1902 ist der als „Champagnerkrieg“ in die Geschichte eingegangene Skandal bei der Schiffstaufe des von Kaiser Wilhelm II beauftragten Schoners Meteor III in New York. Anstelle der vorher abgesprochenen und aufwendig in Szene gesetzten Magnumflasche „Rheingold“ von Söhnlein & Co. wurde Moët & Chandons „White Star“ ausgeschenkt, was zu einem zweijährigen Rechtsstreit führte.
Die Werbung der Sektkellerei Feist aus Frankfurt a. M. mit ihrer Marke „Feist-Feldgrau im Felde“ dokumentiert sehr anschaulich deutsche Geschichte. Unabhängig aller lebensbedrohlichen Ereignisse ist Sekt ein Getränk für Sieger und erstrebenswertes Konsumgut, für das man bereit ist, Gefahren auf sich zu nehmen.
Nach Kessler & Cie folgten im 19. Jh. weitere Namen, die als Sektkellerei bis heute in den Regalen der Kaufhäuser und Kühlschränken der Konsumenten zu finden sind: MM (Matheus Müller), Deinhard, Kupferberg, ehem. Kloss & Foerster heute Rotkäppchen, Henkell und Söhnlein u. a.
Eine neue Ära für deutsche Sektproduzenten
Wie kommt es, dass heute Winzersekte und kleinere Betriebe ihren Sekt auf den Markt bringen? Ist es nur ein Trend? Eine Mode, auf die alle aufspringen, und auch ein Stück vom großen Kuchen abhaben wollen? Nur die großen Sektkellereien hatten tatsächlich die staatliche Erlaubnis Sekt zu produzieren! Erst in den 1970er Jahren fällt das Deutsche Sektmonopol bei einer Neufassung des Weingesetzes (1971-1974). Die Europäische Kommission hebt die Alleinstellung der Bezeichnung Sekt auf und damit auch das Monopol. Der Begriff Sekt wird seitdem aber weiter überwiegend im deutschsprachigen Raum für Schaumwein verwendet. Was sich allerdings in den letzten 50 Jahren zunehmend verändert hat, ist das qualitätsbewusste Produzieren von Schaumweinen in kleineren oder mittelgroßen häufig familiengeführten Betrieben.
Die Geschichte, die einst mit deutschen Auswanderern ins benachbarte Frankreich mit Champagner begann, schreibt heute in Deutschland und Österreich als Sekt ihre eigene Erfolgsgeschichte weiter.
Zum Schluss…
… komme ich nicht ohne Verweis auf den Spruch Sekt oder Selters aus diesem Beitrag! ; )
Sekt oder Selters
„Der Teufel hat den Sekt gemacht, die Selters kommt von Gott“ heißt es im Sekt oder Selters-Song von „Fettes Brot“. „Ein Leben ohne Sekt ist möglich, aber sinnlos.“ lässt sich auf T-Shirts gedruckt lesen. Ein Song der Toten Hosen, ein Album von Marius Müller-Westernhagen oder eine ganze TV-Serie trägt den Ausspruch Sekt oder Selters als Namen. Die meisten Publikationen mit diesem Titel stammen aus den 1990er Jahren und es war total klar, was gemeint war! Es geht ums Ganze oder eben um nichts. Alles oder nichts. Sekt oder Selters. Was nun teuflisch oder göttlich ist, mag ich nicht beurteilen, aber einer Sache bin ich mir gewiss:
Sekt ist ein Lebensgefühl, einfach unverzichtbar lecker!
Die passenden Tropfen zum Bericht:
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